Statistische Aufstellung des Verfahrens.

Grafik: Nationalfonds

Wien - Der Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus hat seine 2001 im Washingtoner Abkommen festgelegte Aufgabe erledigt: Am 25. Juni hat das Antragskomitee über den letzten von insgesamt 20.702 Anträgen entschieden, wie der Fonds in einer Aussendung mitteilte. Abgeschlossen ist seine Arbeit aber noch nicht, da in rund 2.200 Fällen noch die Möglichkeit eines Rechtsbehelfes oder der Wiederaufnahme des Verfahrens bestehe. Außerdem sucht man noch potenzielle Erben von Antragstellern, die während des Verfahrens verstarben.

"Mit der Entscheidung über den letzten Antrag ist eine wichtige Arbeit abgeschlossen worden", sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in ihrer Funktion als Kuratoriumsvorsitzende des Nationalfonds und des Allgemeinen Entschädigungsfonds. Jetzt könne mit der Vorbereitung zur Schließung des Entschädigungsfonds begonnen werden. Verhandlungen über eine entsprechende Gesetzesnovelle sollen in den nächsten Monaten geführt werden, so Prammer.

Entschädigung von Vermögensverlusten

Das Antragskomitee, ein unabhängiges Dreiergremium unter dem Vorsitz von Sir Franklin Berman aus Großbritannien, ist für die Entschädigung von Vermögensverlusten im Zusammenhang mit der NS-Zeit in Österreich zuständig und hat über rund 160.000 geltend gemachte Forderungen entschieden. "Diesen Schritt innerhalb von zehn Jahren erzielen zu können stellt eine beispielhafte Leistung dar, welche weltweite Anerkennung gefunden hat", lautete Bermans Bilanz der Tätigkeit des Komitees, dem von amerikanischer Seite G. Jonathan Greenwald und von österreichischer Seite Kurt Hofmann angehören. "Rund 1,5 Milliarden US-Dollar und über 100.000 Verluste und Schäden wurden anerkannt. Da mit den zur Verfügung stehenden 210 Millionen US-Dollar nur zwischen zehn und 20 Prozent der tatsächlichen Verluste entschädigt werden konnten, können die Zahlungen des Entschädigungsfonds nur als späte Geste der Versöhnung gesehen werden", so Franklin.

Erben-Suche via Facebook

Noch gilt es in rund 2.200 Fällen die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs oder der Wiederaufnahme des Verfahrens abzuwarten. Zudem werden die Erben von rund 1.000 Antragstellern gesucht, die vor Erhalt der abschließenden Zahlung des Allgemeinen Entschädigungsfonds verstorben sind. Von rund 3.600 Verstorbenen konnte das Antragskomitee bereits die Nachkommen feststellen und das Verfahren damit beenden. Die Suche nach Erben erfolgt unter anderem mit Hilfe von Anfragen an die österreichische Pensionsversicherungsanstalt, österreichische Botschaften und  Opferorganisationen im In- und Ausland. Künftig will man auch über Facebook suchen.

Das Antragskomitee hat zudem seine Verfahrens- und Geschäftsordnung geändert. Damit können künftig, wenn keine Zustelladresse bekannt ist, Zustellungen auch durch Hinterlegung beim Generalsekretariat des Allgemeinen Entschädigungsfonds vorgenommen werden, wobei solche Hinterlegungen auf der Website des Entschädigungsfonds - unter Wahrung der Anonymität der Leistungsberechtigten - bekanntgemacht werden. Alle Dokumente, die bis 31. Dezember 2013 nicht zugestellt werden konnten, werden hinterlegt.

210 Millionen US-Dollar

Der Allgemeine Entschädigungsfonds wurde per Gesetz 2001 zur umfassenden Lösung offener Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus für Verluste und Schäden eingerichtet, die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind. Dotiert wurde er mit 210 Millionen US-Dollar. Vermögensverluste, die von früheren österreichischen Rückstellungs- oder Entschädigungsmaßnahmen nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden waren, standen im Vordergrund. Den größten Bereich der anerkannten Verluste stellten berufs- und ausbildungsbezogene Verluste sowie die liquidierten Betriebe dar, für die es noch keine entsprechenden Entschädigungsmaßnahmen gegeben hatte. (APA/red, derStandard.at, 29.6.2012)