Phoenix.

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Der Frage, wie es zu dem heute zu konstatierenden dramatischen Verlust individueller Freiheit, zu schwindendem Rechts- und Unrechtsbewusstsein, zur Entstaatlichung, zur Schwächung der Demokratie, seiner Institutionen und Kontrollinstanzen bis hin zu einem nahezu mafiösen System, das dem Italiens ähnelt, kam, geht, wie auch schon in den letzten programmatisch zu verstehenden Ausgaben, Gerfried Sperls "Zeitschrift über politische Asche und das Salz der Diskussion" "Phoenix" nach.

War der Fokus des letzten Heftes auf kulturpolitische Usancen und deren Protagonisten gerichtet, gewährt die aktuelle Ausgabe hintergründig-tiefgründige Einblicke in die Abgründe wirtschaftspolitischer Verflechtungen austriakisch-kakanischer Prägung. Nach einer Provokation als einführende Standortbestimmung von Herausgeber Gerfried Sperl durchleuchten diesmal Autoren wie Kurt Kuch, Ingrid Brodnig, Luise Ungerboeck, Cornelia Travnicek, Steve Fuller, Michael Schmid, Agata Sagan, Peter Singer und Sabine Dreher in ausführlichen, stets pointierten und elaborierten Essays die Topoi des Marktes, der Macht, des Verkehrs, der Politik, der Korruption - im Kontrast zu Ethik und Moral des Individuums mit subjektiven Einsichten und objektivierbaren Erkenntnissen.

Die Autoren philosophieren über die Gefahren der geltenden Vorratsdatenspeicherung, über die wachsende, unkontrollierte und unkontrollierbare Macht der Polizei, über die Schwächung des Verfassungsgerichtshofs, die Marginalisierung von Solidarität bei gleichzeitiger intensiver Stärkung von Egoismus, Egomanie und Ich-Bezogenheit im Gegensatz zu sozialem Gewissen. Ergebnis ist eine grassierende Neidgenossenschaft als Rechtfertigungsstrategie.

Was alltäglich und harmlos erscheint, dekuvrieren oft künstlerische Positionen und Interventionen. Porträts von aus der Norm fallenden Künstlern wie Anja Plaschg alias Soap & Skin, Gerald Nestler oder der als Transgender bei der Wahl zur Miss Universe Canada disqualifizierten Jenna Talackova runden den intellektuell-diskursiven Stachel wider Agonie, Larmoyanz und Saturiertheit ab. (Gregor Auenhammer, DER STANDARD, 29.6.2012)