In der ehemaligen Anker-Expedithalle im Wien-Favoriten widmet sich die Gruppe FeinSinn (im Bild Sasha Nantschev und Elke Pichler) dem Musiker Friedrich Nietzsche.

Foto: FeinSinn

Dass der radikale Philosoph Friedrich Nietzsche auch leidenschaftlicher Musiker und Komponist war, ist weitgehend unbekannt. Seine romantisch anmutenden Musikstücke werden nun von der Künstlergruppe FeinSinn für die Tanz- und Musikperformance "to_rsO" verwendet, wobei Elke Pichler die Kompositionen erstmals choreografisch umsetzt.

Nietzsche selbst schreibt über seine Musik in einem Entwurf eines Briefes: "Vielleicht hat es nie einen Philosophen gegeben, der in dem Grade am Grunde so sehr Musiker war, wie ich es bin. Deshalb könnte ich natürlich immer noch ein gründlich verunglückter Musiker sein."

Exzessive Lebensbejahung und fragile Zerbrechlichkeit

Da viele seiner Musikstücke Fragmente sind, setzt sich Elke Pichler in ihrer Choreografie auch mit der Suche nach dem Fragmentarischen des tanzenden Körpers auseinander. Ihre wesentlichen Fragen dazu: "Was bleibt vom Tänzer, wenn er von der Musik zur Verborgenheit verführt wird? Was bleibt von der Musik im Raum, wenn die letzte Note des unvollendeten Fragments gespielt wird?" Demnach soll das Stück auch einen "Seiltanz zwischen exzessiver Lebensbejahung und fragiler Zerbrechlichkeit" darstellen.

Für viele berühmte Tänzer und Tänzerinnen wie Martha Graham, Mary Wigman, Ted Shawn oder Isadora Duncan hatte die Philosophie Nietzsches einen zentralen Einfluss. Sasha Nantschev, der musikalische Leiter des Projekts "to_rsO" fragt sich daher, ob Nietzsche nicht nur mit seinen Worten den Tanz beeinflussen könne, sondern auch mit seiner Musik? Eine mögliche Antwort darauf hat der im Mai verstorbene deutsche Sänger Dietrich Fischer-Dieskau schon vor einiger Zeit gegeben: "Sein Drang, in die Abgründe der Psyche zu leuchten, entspricht dem Willen eines Musikers, Seelenvorgänge ans Licht zu bringen, die einzig durch die Musik darstellbar erscheinen." (red, derStandard.at, 27.6.2012)