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Joe Arpaio gibt gerne den unerbittlichen Hardliner und macht sich selbst unter Polizistenkollegen keine Freunde damit. Im Bild: der Sheriff auf Inspektionstour im Gefängnis Tent City.

Foto: Reuters

Joe Arpaio sieht sich als Sieger im Ringen mit Barack Obama. "Ich werde gar nichts stoppen", sagt er. "Ich denke gar nicht daran, mich dem Willen des Weißen Hauses zu beugen." Der Präsident, fügt der 80-Jährige zornig hinzu, benutze ihn als eine Art Popanz in der Einwanderungsdebatte. Aber davon lasse er sich nicht beeindrucken.

Zumindest als halber Sieger kann sich der Sheriff des Maricopa County fühlen, eines Bezirks in Arizona, zu dem die Großstadt Phoenix gehört. Der Supreme Court hat für verfassungskonform erklärt, was Arpaio seit drei Jahren praktiziert: In Arizona dürfen Polizisten fortan Leute anhalten und nach ihren Papieren fragen, wenn sie den "begründeten Verdacht" haben, es seien illegale Einwanderer. Das Prozedere irritiert umso mehr, als die USA keine Ausweispflicht kennen und etwa an Flughafenschleusen ein Führerschein genügt.

Die Gummiklausel des begründeten Verdachts bedeutet im Alltag, dass fast ausschließlich Menschen mit brauner Haut gestoppt werden. Menschen, von denen die Beamten annehmen, dass sie aus Mexiko oder El Salvador, Honduras oder Guatemala stammen. "Kein Amerikaner sollte allein wegen seines Aussehens unter einer Wolke des Argwohns leben müssen", bringt Obama die Kritik auf den Punkt. Wenn der Staatschef so besorgt sei, kontert Arpaio ungerührt, solle er doch dafür sorgen, dass keiner mehr ohne Papiere ins Land komme.

Vor drei Jahren beschloss der Senat Arizonas die Novelle SB 1070, ein Gesetz von drakonischer Härte, das in Paragrafen goss, was Arpaio vorexerzierte. Einige Klauseln erklärte der Oberste Gerichtshof nun für verfassungswidrig, etwa eine Bestimmung, wonach sich Migranten bereits strafbar machen, wenn sie ihre Dokumente nicht ständig bei sich tragen. Der umstrittenste Passus, salopp "show me your papers" genannt, bleibt indes in Kraft.

Fünf Wahlsiege in Folge

Als Agent der Drogenbehörde war Arpaio einst Rauschgiftschmugglern auf den Fersen, in der Türkei, in Mexiko, zum Schluss in Arizona. 1982 quittierte er den Dienst, zehn Jahre später beschloss er, Sheriff zu werden. Es ist ein Posten, auf den man gewählt werden muss. Arpaio hat fünfmal in Folge gewonnen, das letzte Mal 2008. An einer Wandtafel in seinem Büro prangt in Balkenlettern ein Superlativ: "Der härteste Sheriff Amerikas".

Was er darunter versteht, demonstriert er in Tent City, einem Gefängnis am Rande von Phoenix, dessen Insassen in Zelten hausen. Die Häftlinge tragen rosa Unterwäsche, einfach deshalb, weil Arpaio weiß, dass Männer rosa Unterwäsche in aller Regel nicht mögen. Unter den Zeltbahnen herrscht brütende Hitze. Wie zum Hohn lässt der Sheriff den Wetterkanal laufen, Prognosen über angenehm kühle Sommertage oben in Kanada. Bevor sie an Landstraßen Unkraut jäten, lässt er die Gefangenen anketten. Allein der Anblick soll abschrecken. Was Arpaio verschweigt, ist, dass es sich bei den meisten Insassen nicht um schwere Jungs handelt. Wer dort einsitzt, hat maximal zwölf Monate abzusitzen.

Kritiker sehen bei Arpaio Motive eines Sadisten. Selbst unter Ordnungshütern regt sich Widerspruch. Roberto Villasenor, Polizeichef von Tucson, sieht seine Patrouillen nach Arpaios halbem Triumph vor Gericht in endlose Papierkriege verwickelt. In Sisyphusarbeit müssten sie nun den Aufenthaltsstatus überprüfen, ehe sie jemanden laufen lassen. (Frank Herrmann, DER STANDARD, 27.6.2012)