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Franck Ribery, der kämpfte wie kein anderer Franzose im Viertelfinale gegen die turmhoch überlegenen Spanier, verlässt als letzter Spieler den Rasen der Donbass-Arena von Donezk. Seine Trophäe trägt er auf der Schulter. Es handelt sich das Leiberl von Andres Iniesta.

Foto:Ivan Sekretarev/AP/dapd

Donezk - Frankreichs Grand Malheur folgte der fast schon obligatorische Eklat. Samir Nasri rastete aus und setzte mit üblen Beleidigungen den Schlusspunkt hinter den unrühmlichen EM-Auftritt einer Equipe Tricolore, die wieder einmal keine Mannschaft gewesen war. Als "Hurensohn" beschimpfte der Mittelfeldspieler in der Donbass-Arena von Donezk einen Journalisten der französischen Nachrichtenagentur AFP und ließ anderes Unflätiges folgen. Dann bot Nasri dem Reporter Prügel an. Außerdem wetterte er gegen die Pressevertreter, diese würden ohnehin "immer nur Scheiße" schreiben.

Der Auftritt nach dem 0:2 im Viertelfinale gegen Spanien passte perfekt ins Bild, das Les Bleus bei der EURO 2012 abgegeben haben. Vier Spiele, nur ein Sieg, aber reichlich Negativschlagzeilen - vor allem abseits des Platzes. "Das ist alles sehr enttäuschend für den Trainer, die Spieler und den gesamten Betreuerstab. Wir werden das Turnier in den kommenden Tagen analysieren. Und dann werden wir weitersehen", sagte Nationaltrainer Laurent Blanc.

Negativschlagzeilen

Es gibt viel zu analysieren. Der Kampf um die Rückkehr zu alter Stärke und vor allem zu altem Ansehen mit einer neuformierten jungen Mannschaft misslang, Nasri hatte im Auftaktspiel nach seinem Ausgleich gegen England (1:1) schon mit eindeutigen Gesten und dem Satz "Halt's Maul" seine Privatfehde mit der großen Sportzeitung "L'Equipe" weltweit dokumentiert.

Nach der Partie gegen Spanien war Nasri, offenbar angefressen über seinen Rauswurf aus der Startelf, von dem AFP-Redakteur nach der Beurteilung des Spiels gefragt worden. Der Profi von Englands Meister Manchester City verweigerte die Antwort und zuckte stattdessen aus. Sein Rundumschlag endete mit den Worten: "Jetzt kannst du sagen, dass ich schlecht erzogen wurde!"

Schon der Streit in der Kabine und die öffentlichen Abreisegedanken von Hatem Ben Arfa nach dem letzten Gruppenspiel gegen Schweden (0:2) hatten erhebliche Unruhe ausgelöst. Viele Fans befürchteten sofort ein zweites Südafrika: Bei der WM 2010 hatten Les Bleus nach der Revolution gegen Trainer Raymond Domenech einen schweren Imageschaden erlitten. Diesmal ist es nicht viel besser. "Wenn das wahr ist", sagte Blanc über den Ausraster von Nasri, "ist das respektlos. Es ist sehr bedauerlich für sein Image und das der Nationalmannschaft."

Blanc versuchte in seiner EM-Interessengemeinschaft, einer Ansammlung von Egoisten mit unbestritten großem Talent, zu retten, was zu retten ist. Der Ex-Nationalspieler hoffte sportlich auf den Effekt des reinigenden Gewitters und wurde enttäuscht.

Einfach wehrlos

Erstaunlich, wie wehrlos sich Blancs Auswahl von technisch versierten Spielern aus europäischen Spitzenklubs ihrem Schicksal ergab. Die Vorschusslorbeeren nach einer beeindruckenden Serie von 23 Spielen ohne Niederlage, beendet von den Schweden, hat sie nie bestätigt.

Selbst die ambitionierten Versuche des Bayern-Stars Franck Ribery verpufften weitgehend spätestens am Strafraum. Ribery schlurfte nach dem EM-Aus kopfschüttelnd als letzter Spieler vom Platz. In Socken, die Fußball-Schuhe in der Hand, weil eine Blase am Fuß schmerzte. Auf seiner Schulter lag das schweißnasse Trikot von Spaniens Andres Iniesta. Es war seine einzige Trophäe am Ende einer frustrierenden Saison, in der er mit den Bayern in der Meisterschaft, im Pokal und der Champions League nur zweiter Sieger geworden war.

Die EURO 2016 wird dennoch in Frankreich stattfinden, erstmals mit 24 Mannschaften. Dazwischen liegt die WM 2014 in Brasilien (sid/red, DER STANDARD, 25.6.2012).