Heftiges Liebeswerben in den "Nibelungen".

Foto: Karl und Monika Forster

Wer Feste wie König Etzel und Gemahlin Kriemhild feiert, sollte nicht das Arrangement der Gästeliste unterschätzen. Mit Hagen Tronje den Mörder von Kriemhilds erstem Gatten Siegfried einzuladen, der kein Bedauern für seine Tat spürt, verspricht schlechte Stimmung.

Holle Münsters Diplominszenierung (Max-Reinhardt-Seminar) von Friedrich Hebbels Nibelungen auf der Probebühne der Josefstadt verhandelt fortan die Schuldfrage bezüglich Siegfrieds Todes. Das Ensemble, großteils bestehend aus Studierenden und Absolventen des MaxReinhardt-Seminars, erzählt nun in Rückblenden über Siegfrieds heldische Taten: Drachentöten, (fast) unbesiegbar werden oder für König Gunther die widerspenstige Brunhild gewinnen - durch Kampf und Beischlaf mittels Tarnkappe. Bevor Letzteres auffliegt und Siegfrieds Todesurteil bedeutet, wird Limbo unter der Lanze getanzt, Testosteron bei Freizeit-Jagdspielen abgebaut und das Nibelungenlied gesungen.

Die Darsteller verkörpern abwechselnd oder gemeinsam Siegfried, der so zu einer multiplen Persönlichkeit mutiert, während Bernhard Eder das Geschehen auf fünf verschiedenen Instrumenten begleitet. Nach dem Mord an Siegfried im Topfpflanzendickicht des Odenwaldes (Bühne: Thea Hoffman-Axthelm) wird die Rückschau beendet. Etzel überdenkt nach Hagens tödlichem Angriff auf seinen Sohn die Gastfreundschaft, sodass die Abschlachtung der herrlich meschuggen Akteure die dynamische und lustvolle Darbietung beendet. (mak, DER STANDARD, 23./24.6.2012)