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Einsatzkräfte mussten in der Nacht auf Freitag einen Pkw-Fahrer befreien, der nach einem Murenabgang auf der Tauernautobahn in seinem Wagen feststeckte. Er wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht.

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Unweit der Raststation Tauernalm ging eine Mure ab und erfasste dabei den Wagen eines Paares aus Kroatien.

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In Liezen in der Steiermark kam es ebenfalls zu schweren Murenabgängen.

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Nach dem Abgang einer großen Mure auf die Tauernautobahn (A10) infolge der schweren Unwetter in der Nacht auf Freitag blieb die Sperre der Richtungsfahrbahn Salzburg vorerst aufrecht. Wie lange die Strecke nicht benutzbar sein wird, war laut ASFINAG noch nicht absehbar. Noch laufen die Aufräumarbeiten - überdies will man die weitere Entwicklung des Wetters abwarten.

Die Mure hatte am Donnerstag gegen 22 Uhr die Autobahn auf rund 100 Meter Länge ein bis zwei Meter hoch verschüttet. Während die Autobahn in Fahrtrichtung Villach kurz vor Freitagmittag wieder für den Verkehr freigegeben wurde, sind die Aufräumarbeiten auf der Richtungsfahrbahn Salzburg nach wie vor im Gange. "Wir haben schweres Gerät im Einsatz", sagte ASFINAG-Sprecher Alexander Hölzedl. "Aufgrund der unsicheren Wettersituation in den nächsten 24 Stunden bleibt die Sperre aus Sicherheitsgründen aber sicher aufrecht."

Weiterhin Murengefahr

Die Gefahr, dass bei neuen Gewittern Geröll nachkommt, ist laut Landesgeologen Gerhard Valentin hoch: "Für die Nacht wurden erneut Niederschläge angekündigt, bei starkem Regen kann sich die Mure jederzeit wiederholen." Derzeit seien Bagger damit beschäftigt, jene Rinne auszubaggern, in der die Mure abging. "Solange diese Arbeit nicht beendet ist, bleibt die Fahrbahn gesperrt."

Der Verkehr in Fahrtrichtung Salzburg wird derzeit in St. Michael im Lungau abgeleitet, Pkws können über die B99, die Katschberg Straße, ausweichen. Schwerfahrzeuge sollten laut ASFINAG großräumig ausweichen.

Ein Schwerverletzter

Bei dem Murenabgang in der Nacht war auch ein Auto verschüttet worden. Zwei Reisende aus Kroatien kamen knapp mit dem Leben davon. Der Lenker des Pkw wurde im Wagen eingeklemmt und schwer verletzt in das Krankenhaus Schwarzach eingeliefert, seine Ehefrau konnte rechtzeitig aus dem Wagen flüchten und sich auf die andere Richtungsfahrbahn in Sicherheit bringen. Sie erlitt einen Schock.

Gegen 22.00 Uhr hatte die riesige Mure nicht weit von der Ausfahrt Tauernalm den Kombi der Kroaten erfasst. Die Kraft der Erdmassen drückte den Pkw gegen die Leitschiene. "Der Mann wollte gerade aus dem Auto flüchten. Ein Fuß stand schon aus der Türe, als der Wagen vom Geröll gegen die Leitschiene gepresst wurde", berichtete Alfred Evers von der Feuerwehr Flachau.

"Um ihn zu befreien, mussten wir die Leitschiene erst mit einem Trennschleifer zerlegen. Wäre das Geröll nur zehn bis 20 Zentimeter höher gekommen, hätte es die Seitenscheibe des Autos eingedrückt." Dass sich das Paar dann noch hätte befreien können, hielt er für unwahrscheinlich.

400 Fahrzeuge standen im Stau

Im Rückstaubereich steckten rund 400 Fahrzeuge fest, deren Lenker natürlich möglichst rasch aus der Gefahrenzone wegwollten, berichtete Polizeisprecher Anton Schentz. 14 Polizisten lotsten die Fahrzeuge "in Schwerarbeit" als Geisterfahrer in kleineren Gruppen von der Autobahn.

Erschwerend kam hinzu, dass es zwischendurch immer wieder zu kleineren Murenabgängen kam. Schentz wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein derartiges Verlassen einer Autobahn ausschließlich auf Anordnung der Polizei erlaubt sei, aber keinesfalls im Alleingang.

Etliche Überschwemmungen in Salzburg

Landesweit mussten in Salzburg Feuerwehren zu vielen kleineren Muren ausrücken. Im Pongau und Pinzgau hatten es die Feuerwehren mit Muren und zahlreichen Überschwemmungen sowie überfluteten Kellern und Garagen zu tun. Insgesamt leistete die Feuerwehr 205 Einsätze, sagte ein Sprecher des Landesfeuerwehrkommandos.

In Taxenbach wurde die Pinzgauer Bundesstraße B311 in Bereich des Trattenbachtunnels durch zwei Muren verlegt. Auch auf die Lender und die Dientener Landesstraße gingen Schlammlawinen ab. Schäden durch Erdrutsche wurden auch aus dem Tennengau gemeldet.

Laut Feuerwehr am stärksten betroffen war offenbar die Gemeinde Maria Alm. Dort traten zahlreiche Bäche über die Ufer, sodass das Ortszentrum und die nähere Umgebung unter Wasser standen. In der Folge stieg auch der Wasserstand der Urslau stark an, wodurch auch das Stadtzentrum von Saalfelden bedroht war. Mit Sperrschläuchen und Sandsäcken konnten dort aber größere Überschwemmungen verhindert werden, so die Polizei.

Wie schon in der Nacht zuvor fielen auch Donnerstagabend in kurzer Zeit sehr große Regenmengen. Bei der Messstelle St. Veit im Pongau wurden 64 Liter pro Quadratmeter registriert, so Josef Haslhofer von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) Salzburg.

Lage im steirischen Trieben beruhigt

Im obersteirischen Unwettergebiet sind am späten Nachmittag die Evakuierungsmaßnahmen weitgehend aufgehoben worden. Wie es von der Einsatzleitung hieß, habe sich die Lage so weit stabilisiert, dass eine akute Gefährdung der Siedlungsbereiche nicht mehr gegeben sei. Insgesamt waren 350 Personen evakuiert gewesen, die meisten in Trieben. Nur wenige Familien in anderen Gemeinden, die bei Verwandten oder Nachbarn untergebracht wurden, müssen mit der Rückkehr in beschädigte Gebäude noch zuwarten.

Sperrgitter abgebaut

Bei Wald am Schoberpass sind sämtliche Sperrgitter zu den Seitentälern und Gehöften wieder abgebaut und an den Straßenrand gelegt. Die Lage hat sich einigermaßen beruhigt, die Menschen sind wieder optimistisch. Auch jene, die am Topeitschbach wohnen. Als der über seine Ufer trat, halfen alle zusammen. "Da waren wir echt erfinderisch. Wir haben mit Holzböcken und Schaltafeln Barrieren gebildet, damit Schlamm und Wasser von den Kellern und Garagen wegbleiben."

Auf der Pyhrnautobahn (A9) gab es noch Probleme. Die Palten-Liesingtalstraße (B113) war nahezu unbehindert benützbar, nur im Bereich Au gab es auf einer Länge von 100 Metern Schlamm zu beseitigen. Gröbere Schwierigkeiten gab es hingegen auf der B114 über den Triebener Tauern: "Hier haben wir auf 800 bis 1.000 Meter Schlamm und Geröll auf der Straße. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Räumung", berichtete Huber.

In den Abendstunden des Donnerstags war nach heftigen Gewittern mit Starkregen für mehrere Gemeinden in den Gemeinden Liezen, Murtal, Leoben und Bruck/Mur Katastrophenalarm gegegen worden. Allein im Bezirk Liezen waren mit Schwerpunkt in Trieben, Gaishorn und Treglwand über 300 Feuerwehrkräfte u. a. mit 20 Baggern und anderem Räumgerät sowie 70 Helfer des Roten Kreuzes im Einsatz. In Au bei Gaishorn war der Einsatzstaben und ein Betreuungslager eingerichtet worden. Das Bundesheer wurde angefordert, ein Pionierzug wurde für Freitagvormittag im Einsatzgebiet erwartet.

Ehepaar in überflutetem Keller eingeschlossen

In der Nacht und am Vorabend hatten sich an mehreren Stellen dramatische Szenen abgespielt. In Kapfenberg wurde ein Ehepaar, das im überfluteten Keller eingeschlossen war, durch Feuerwehrtaucher befreit, zehn Bewohner eines Ortsteils von Treglwang wurden mittels Radlader evakuiert, Bei Gußwerk nahe Mariazell gab eine Holzbrücke nach, wodurch eine Wallfahrerin abstürzte und schwer verletzt wurde. Vor allem im Bezirk Liezen wurde von den Einsatzkräften von "Weltuntergangsstimmung" gesprochen.

Die bereits am Donnerstagnachmittag wegen Unterspülungen des Bahndamms und umgestürzter Bäume gesperrte Bahnstrecke über den Schoberpass wird voraussichtlich erst Freitagmittag wieder aufgehoben werden. Wegen eines Murenabgangs vorläufig weiterhin gesperrt blieb die A9 Pyhrnautobahn Richtung Süden, der Verkehr wurde über die B113 umgeleitet. Die B114 Triebener Tauern Straße war weiterhin unpassierbar.

Schäden auch in Tirol

Auch in Tirol gab es in der Nacht auf Freitag Schäden durch Unwetter. Die Inntalautobahn (A12) war bei Innsbruck für kurze Zeit gesperrt, weil Bäume auf die Fahrbahn zu stürzen drohten. Meldungen über Verletzte gab es vorerst keine.

Auch die Straßenbahnlinie 6 der Innsbrucker Verkehrsbetriebe, deren Strecke beim Stadtteil Wilten unweit der Autobahn vorbeiführt, war wegen der umstürzenden Bäume vorübergehend außer Betrieb. Die Feuerwehren standen vor allem im Unterland im Dauereinsatz und mussten Keller auspumpen. Betroffen waren die Bezirke Schwaz, Kufstein und Kitzbühel.

Schwere Schäden in der Landwirtschaft

Die Hagelunwetter verursachten schwere Schäden in der Landwirtschaft. Die Hagelversicherung bezifferte dies am Freitag mit fünf Millionen Euro, der Schwerpunkt lag in der Steiermark. Betroffen waren vor allem Ackerkulturen, Gemüse, Obst, Wein, Grünland und Glashäuser. Allein in der Steiermark waren es 10.000 Hektar oder 4,4 Millionen Euro.

In Tirol bezifferten die Versicherungsexperten den Schaden auf einer Fläche von 1.000 Hektar mit 600.000 Euro. Schwerpunkte waren dort die Bezirke Innsbruck-Land und Kitzbühel. (APA, 22.6.2012)