Die Grafik zeigt eingefärbt die Genexpression dreier verschiedener Larven eines Zebrafisches in einem virtuellen Standardgehirn.

Foto: Uni Freiburg

Es ist ein lange gehegter Traum, das Gehirn als Ganzes zu begreifen und nicht nur die Funktion einzelner Nervenzellen zu verstehen. Diesem Ziel ist ein deutsches Wissenschafter-Team nun ein Stück näher gekommen. Die Forscher von der Universität Freiburg haben mikroskopische Aufnahmetechniken und eine Software entwickelt, mit denen sie in einem virtuellen dreidimensionalen Modell des Zebrafischgehirns sämtliche Gene und damit auch unterschiedliche auf die Nervenzellen einwirkende Faktoren anschauen und vergleichen können. Die Fachzeitschrift "Nature Methods" hat die Arbeit der Freiburger Forscher in der aktuellen Ausgabe veröffentlicht.

Ihr Virtual Brain Explorer für Zebrafische (ViBE-Z) ordnet im Experiment gewonnene genetische Daten automatisch bestimmten Punkten einer unter gleichen Bedingungen angefertigten Hirnaufnahme zu. Der Zebrafisch ist als Modellorganismus bei Biologen und Medizinern besonders beliebt, weil sich viele der an ihm gewonnenen entwicklungs- und neurobiologischen Erkenntnisse auf den Menschen übertragen lassen. Die sehr detaillierten Informationen der Hirnaufnahme werden verwendet, um die neuen Daten mit einem Standardgehirn in einer Datenbank zu vergleichen. Dies geschieht automatisch und mit einer Genauigkeit, die einzelne Zellen unterscheidet.

Neue Rechenverfahren

Dazu entwickelte das Team um Juniorprofessor Olaf Ronneberger vom Institut für Informatik und Wolfgang Driever, Entwicklungsbiologe am Institut für Biologie I, neue Rechenverfahren, die sehr zuverlässig anatomische Strukturen im Zebrafischgehirn erkennen und in eine Datenbank des dreidimensionalen Gehirns übertragen.

Aus der Datenbank können die Wissenschafter dann herauslesen, welche Gene in bestimmten Bereichen des Gehirns aktiv sind und wo welche Proteine die Hirnaktivität unter verschiedenen Versuchsbedingungen beeinflussen. So kann eine sehr große Anzahl von Faktoren, die gleichzeitig auf einen Hirnbereich einwirken, in integrierter Weise untersucht werden. "Damit verstehen wir das komplizierte Netzwerk Gehirn viel besser als in der Vergangenheit, und wir können erstmals unsere Daten mit denen aus einem Labor beispielsweise in Tokio oder Washington quantitativ im dreidimensionalen Raum vergleichen", erklärt Wolfgang Driever.

Weltweit zugänglich

Die Freiburger Forscher werden ViBE-Z allen interessierten Kollegen zugänglich machen. Über ein Internetportal können Forscher dann überall auf der Welt ihre Bilder mitsamt ihrer genetischen Daten in das System einspeisen und nach etwa einer halben Stunde das daraus errechnete virtuelle Modell im Standardgehirn vom Freiburger Server herunterladen. (red, derstandard.at, 23.6.2012)