Bild nicht mehr verfügbar.

Flashmob-Protest am Donnerstag vor dem Parlament.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Wien - Am Donnerstag, 21. Juni,  wurden im Kulturausschuss des Nationalrates zwei wesentliche Änderungen des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz (K-SVFG) auf den Weg gebracht: Die Pensionsklausel, die pensionsberechtigten Künstlern keinerlei Zuverdienst gestattete, soll gestrichen werden. Gleichzeitig werden die Einkünfte des Fonds reduziert. Befristet auf fünf Jahre sollen die Abgaben der Betreiber von Kabelrundfunkanlagen und Satellitenreceivern reduziert werden.

 Der Protest von rund 40 Künstlerinnen und Künstlern, die vor Beginn des Ausschusses am Donnerstagvormittag gegen den "Raubzug" an den Mitteln des Künstler-SV-Fonds einen Flashmob veranstalteten und sich vor dem Parlament auf die Straße legten ("Ohne jede Not", werde "ein guter Teil der Fondseinnahmen geopfert - und damit der Handlungsspielraum für künftig notwendige Überarbeitungen substanziell eingeschränkt", hieß es in dem Aufruf), war vorerst vergeblich: Der Initiativantrag für die Novelle  wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien und des BZÖ angenommen.

Grüne, Kulturrat und IG Autorinnen Autoren protestieren gegen die Neuregelung, die Anfang Juli im Parlament beschlossen werden soll. Während die IG Freie Theaterarbeit in einer Aussendung noch darauf hofft, "dass die Abgeordneten im Nationalrat vor dem endgültigen Beschluss (in einer der Nationalratssitzungen die vom 4.-6. Juli stattfinden) eine künstlerfreundlichere Haltung einnehmen und der Reduktion der Einnahmen des KSVF nicht zustimmen", ist für den Grünen Kultursprecher Wolfgang Zinggldie Sache mit dem  Ausschuss-Beschluss "gelaufen".

Neben der von den Künstlern begrüßten Abschaffung der Pensionsklausel, die in getrennter Abstimmung auch die Zustimmung der Grünen erhielt, enthält die Novelle auch eine auf fünf Jahre befristete Reduktion der Abgaben der Betreiber von Kabelrundfunkanlagen und Satellitenreceivern, aus denen der Fonds seine Mittel bezieht. "Ich bin fassungslos, dass notwendige Maßnahmen der sozialen Absicherung durch den freiwilligen Verzicht auf Mittel verhindert werden", so  Zinggl.

Veranlagungssituation des Fonds

Eine Sprecherin der Ministerin verweist auf die Ausweitung der Bezieher der Zuschüsse und die Befristung der geplanten Abgaben-Reduktion: "Die jetzige Veranlagungssituation des Fonds lässt diese Reduzierung zu. Die Zuschüsse sind gewährleistet." Auch werde eine weitere Erhöhung der Zuschüsse angestrebt. Während die Streichung der 2008 eingeführten Pensionsklausel allerseits auf Zustimmung stößt (die Grünen verweisen darauf, bisher immer mit entsprechenden Änderungsvorschlägen "bei der Ministerin auf taube Ohren gestoßen" zu sein), erregt die Reduktion der Fonds-Einkünfte allerdings die Gemüter.

 Zinggl: "Das nenn' ich sozialdemokratische Kultur- und Sozialpolitik: Die Kabelbetreiber werden auf Kosten der KünstlerInnen entlastet." Das Kulturministerium sei auf eine "langjährige Forderung der Wirtschaftskammer" eingestiegen: Während sich die Einzahlungen in den Fonds um jährlich 2,5 Mio. Euro reduzierten, belaufe sich die zu erwartende zusätzliche Leistung für Pensionisten auf etwa 200.000 Euro, rechnet Zinggl vor und resümiert: "Schmied vergeigt Reserven der Künstler."

Bedarf an Zuschußleistungen

Dem gegenwärtigen Modell solle "nun die Finanzierungsbasis entzogen werden, weil es angeblich den Bedarf an Zuschußleistungen nicht gibt. Und es gibt ihn tatsächlich nicht, weil der Anspruch auf Zuschußleistungen so eng gefaßt wurde, daß statt der 12.000 erwarteten anspruchsberechtigten Künstler/innen nur etwas mehr als ein Drittel der erwarteten Künstler/innen Zuschüsse erhalten", kritisiert Gerhard Ruiss, der Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, in einer Aussendung.

"Nach rund einem Jahrzehnt Praxis soll also nun den sukzessiven Zugangsbeschränkungen die Reduktion der Beiträge von den Verwertern folgen. Es ist nicht daran gedacht, endlich den nächsten Schritt, um zu einem Künstlersozialversicherungsmodell für alle zu kommen, in Angriff zu nehmen, sondern das Modell schrittweise zu entsorgen."

Der Kulturrat Österreich spricht in einer Aussendung von einem "Kuhhandel", mit dem die Zustimmung der ÖVP zum Fall der Pensionsklausel "erkauft worden" sei: "Statt endlich eine breit angelegte Novelle des KSVF-Gesetzes anzugehen, statt die Einkommensuntergrenze abzuschaffen, statt einen der künstlerischen Tätigkeit entsprechenden realistischen KünstlerInnenbegriff aufzunehmen, statt den BezieherInnenkreis zu erweitern und z. B. Kultur- und MedienarbeiterInnen mit einzubeziehen, statt die Fonds-Einnahmen einer grundsätzlichen Reflexion zu unterziehen (der ORF hat sich bei Gründung des Fonds aus der Verantwortung ziehen können, Bundeszuschüsse werden seit 2003 nicht mehr gezahlt), wird ohne jede Not ein guter Teil der Fondseinnahmen geopfert - und damit der Handlungsspielraum für künftig notwendige Überarbeitungen substanziell eingeschränkt."  (APA, 18.-21.6.2012)