"Schließt die Krypta", fordert der Grün-Abgeordnete Harald Walser, und schritt mit dem Absperrband gleich selbst zur Tat - allerdings nur fürs Foto

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Historiker Walter Manoschek hält Darabos' Pläne für "Gemurkse"

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Auszug aus einem der Totenbücher: Auch SS-Angehörige werden hier geehrt

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Harte Worte findet der Historiker Walter Manoschek zum öffentlichkeitswirksamen Auftritt von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), der am Sonntag eigenhändig den Namen eines NS-Kriegsverbrechers aus den Totenbüchern der Krypta am Heldenplatz gestrichen hat (derStandard.at berichtete).

Dass Darabos in den kommenden vier Monaten sämtliche Totenbücher überprüfen lassen will, um danach alle Namen von Kriegsverbrechern daraus entfernen zu lassen, sei "unmöglich, ein Unsinn und ein Gemurkse", sagt Manoschek. Der Professor am Institut für Staatswissenschaft der Uni Wien sprach sich Montagvormittag auf einer Pressekonferenz des Grünen Abgeordneten Harald Walser klar gegen die Krypta-Umgestaltungspläne aus.

In den zehn Totenbüchern zum Gedenken an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges finden sich Namen von Wehrmachtssoldaten genauso wie Täter der SS und Waffen-SS. Jeden Tag betreten Bundesheerangehörige die Krypta, um jeweils eine Seite in den Totenbüchern umzublättern. Der Grün-Abgeordnete Harald Walser hatte dies bereits Anfang März in einer parlamentarischen Anfrage an Darabos thematisiert. Darabos kündigte daraufhin an, Änderungen an der Krypta vornehmen zu lassen. 

Kriegsverbrecher streichen

Am Sonntag präzisierte Darabos schließlich seine Pläne: Er wolle das nationale Kriegsarchiv beauftragen, die Totenbücher zu durchforsten - und dann alle Namen von Kriegsverbrechern daraus entfernen lassen. Manoschek hält das für unrealistisch: Mehrere Tausend Biografien der in den Totenbüchern genannten Soldaten zu recherchieren, das sei "ein Forschungsprojekt, das mich die 30 nächsten Jahre beschäftigen würde". Laut Darabos soll das Projekt jedoch bis 26. Oktober abgeschlossen sein.

Selbst, wenn es denkbar wäre, die Namen der Kriegsverbrecher zu recherchieren, so wäre dies dennoch nicht sinnvoll, so Manoschek: "Das geht am Kern der Sache vorbei: Ein österreichisches Denkmal kann niemals jenen gelten, die gegen die Errichtung des Staates Österreich gekämpft haben", so der Historiker. Doch genau darum gehe es beim Krypta-Gedenken: In den Totenbüchern werden gefallene Soldaten der Wehrmacht aufgezählt - unter ihnen auch viele Angehörige der SS und der Waffen-SS.

Die Grünen fordern eine Schließung der Krypta am Heldenplatz. Dass Darabos den Namen eines bekannten Kriegsverbrechers aus der Gedenkstätte entfernen hat lassen, ist Harald Walser keine Wort des Lobes wert: "Das ist eine Selbstverständlichkeit - andernfalls hätte sich der Minister nach dem Verbotsgesetz strafbar gemacht".

Gefallenen-Gedenken "Privatsache"

Dass der Staat Österreich weiterhin der Wehrmacht und der SS gedenke, sei "ein Schlag in die Gesichter all jener, die für ein freies, unabhängiges und demokratisches Österreich gekämpft haben", meint Walser. Ein solches Gedenken sei Sache jener Familien, die Angehörige im Krieg verloren haben, aber keinesfalls Staatsaufgabe. Schließlich hätten diese Soldaten ja die Errichtung genau dieses Staates zu verhindern versucht.

Die Grünen fordern eine "museale Verwertung" der Totenbücher - die Krypta hingegen solle "unter Einbeziehung internationaler Experten neu gestaltet werden", fordert Walser. (Maria Sterkl, derStandard.at, 18.6.2012)