Regelschmerzen sind kein Schicksal, das schweigend erduldet werden muss.

Foto: derStandard.at, Ursula Schersch

Es ist noch immer ein Tabuthema, dabei betrifft es die Mehrheit der Frauen im gebärfähigen Alter: Schmerzen vor und während der Menstruation. Wissenschaftler haben die Forschung in den letzten Jahren intensiviert, wie Bettina Böttcher, Frauenärztin  an der Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin des Departments Frauenheilkunde an der Medizinischen Universität Innsbruck, bestätigt. Ein neues Medikament gegen Regelschmerzen befindet sich in der Testphase.

Je nach Studie, verspüren zwischen 55 und 93 Prozent der Frauen Krämpfe und Ziehen im Unterleib während ihrer Regelblutung. Eine von zehn Frauen leidet unter so starken Beschwerden, dass sie der Arbeit oder Ausbildung nicht mehr nachkommen kann. Die Definition einer Dysmenorrhoe ist, wie auch die Spannbreite der Betroffenen bestätigt, uneinheitlich.

Empfindliche Reaktion auf Prostaglandine

Grundsätzlich wird aber zwischen primärer und sekundärer Dysmenorrhoe unterschieden: Die primäre Form beginnt in der Mehrzahl der Fälle innerhalb von sechs Monaten bis drei Jahren nach dem Einsetzen der ersten Regelblutung. Organische Ursachen finden sich, im Gegensatz zur sekundären Variante, der beispielsweise eine Endometriose oder Infektion zugrunde liegen kann, nicht.

Um die aufgebaute Schleimhaut der Gebärmutter Monat für Monat während der Menstruation wieder abzustoßen, sind Kontraktionen erforderlich. Diese werden durch das Hormon Prostaglandin ausgelöst. Frauen mit primärer Dysmenorrhoe bilden vermehrt davon oder aber reagieren empfindlicher als andere auf das Hormon. Die potentesten Arzneimittel gegen Regelschmerzen setzen genau hier an und reduzieren die Wirkung der Prostaglandine.

An vorderster therapeutischer Front stehen entzündungshemmende Schmerzmittel, sogenannte nicht-steroidale Antiphlogistika. Bekannte Wirkstoffe sind etwa Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen. Viele dieser Präparate sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Ihre Wirksamkeit wurde 2010 in einer Analyse des unabhängigen Forschungsnetzwerkes „Cochrane Collaboration" bestätigt.

Pille im Langzeitzyklus

„Bei circa 20 Prozent der Betroffenen schlagen Schmerzmittel allerdings nicht ausreichend an", informiert Böttcher. Manche Frauen können diese Gruppe der Schmerzmittel nicht nehmen, da Nebenwirkungen auftreten. Diesen Betroffenen oder jenen Frauen mit Wunsch nach einer Verhütung könnte die Pille helfen. In einer weiteren Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2009 konnte zwar gezeigt werden, dass orale Kontrazeptiva Regelschmerzen lindern, die Studienlage war bisher aber nicht ausreichend.

Neue kleinere Studien bestätigen jedoch die Wirksamkeit. Durch die Einnahme der Pille baut sich weniger Gebärmutterschleimhaut auf, bei manchen Frauen bleibt dadurch die Blutung überhaupt aus. Die Einnahme der Pille im Langzeitzyklus, also ohne Pausen, wirkt nach ersten Studien besser gegen Regelschmerzen. als eine Einnahme nach dem konservativen Schema (21 Tage Einnahme, 7 Tage Pause, Anm. Red. ). Dennoch kommt auch die Pille, aufgrund von Nebenwirkungen oder Kontraindikationen nicht für alle Frauen in Frage.

Neues Schmerzmittel in der Testphase

Angebote finden sich auch im alternativmedizinischen Bereich. „Hier sollten Frauen ausprobieren, was ihnen individuell hilft", betont Böttcher. Die Studienlage ist hier durchgehend nicht ausreichend. Für die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren, Vitamin B6, einer chinesischen Kräutermischung (Toki-shakuyaku-san) gibt es aber erste positive Studienergebnisse, ebenso für die transkutane elektrische Nervenstimulation (Anregung durch Stromreize). Auch Akupunktur könnte helfen. In ganz schweren Fällen wird in seltenen Fällen zu einem chirurgischen Eingriff geraten. Hier werden Nervenbahnen zur Gebärmutter durchtrennt. Der Nutzen dieses Eingriffs hat sich in Studien bisher nicht gezeigt.

Derzeit wird ein neues Medikament gegen Regelschmerzen und vorzeitige Wehentätigkeit an der Medizinischen Universität Innsbruck unter Führung von Ludwig Wildt, Leiter der Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, und Bettina Böttcher auf seine Wirksamkeit getestet. Es schwächt ebenso die kontraktionsfördernde Wirkung der Prostaglandine ab. Erste Ergebnisse werden Ende des Jahres erwartet. Es kommt eventuell für jene Frauen in Frage, die gängige Schmerzmittel nicht vertragen oder aber nicht einnehmen dürfen. (Regine Bogensberger, derStandard.at, 8.8.2012)