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Grasser verteidigt sich gegen die Vorwürfe mittels Gutachten

foto: apa/gindl
Lieber Sponsor als Steuergelder für Homepage: Der Finanzminister geht auf Distanz zu seinem Fanclub: Mit dem Verein, der seine Homepage betreibt, habe er nichts zu tun, über finanzielle Details wisse er nicht Bescheid. Die Vorwürfe seien "völlig absurd", meint Karl-Heinz Grasser. Die SPÖ wendet sich an den Staatsanwalt.

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Wien – Er habe ein "absolut ruhiges Gewissen", erklärte Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Montag. Und berief sich dabei auf ein Gutachten, das die Kammer der Wirtschaftstreuhänder erstellt habe. Tatsächlich hat Grasser den Präsidenten der Kammer der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Alfred Brogyanyi, um ein Gutachten ersucht und wird das bei der Kanzlei "Ernst & Young" in Auftrag gegebene Papier nach Angaben von Brogyanyi auch selbst bezahlen. Dieses beweise klar, dass er keinerlei steuerliche Pflichten verletzt habe, dass in Bezug auf die Finanzierung seiner privaten Homepage durch die Industriellenvereinigung weder Schenkungs- noch Einkommenssteuerpflicht bestehe. Die SPÖ spricht von einem "bestellten Gefälligkeitsgutachten".

Den Vorwurf der Steuerhinterziehung hält Grasser für "völlig absurd". Ob auch der "Verein zur Förderung der New Economy", dem Grassers Kabinettschef und Pressesprecher Matthias Winkler vorsteht und der die Homepage www.karlheinzgrasser.at betreibt, korrekt gehandelt habe, werde ein weiteres Gutachten zeigen, kündigte Grasser an. "Am Ende des Tages werden sich alle Vorwürfe in Luft aufgelöst haben."

Mit dem Verein, den seine Mitarbeiter im Ministerium betreiben, habe er nichts zu tun, betonte Grasser. Das Geld für die Finanzierung habe der Verein bekommen, nicht er persönlich. Wie viel, das wisse er nicht. Die laut Industriellenvereinigung genannten 175.000 Euro wollte Grasser weder bestätigen noch kommentieren. Er erwarte, dass im Verein "alles korrekt und einwandfrei" verlaufen sei.

"Keine Selbstanzeige"

Grasser will seine Sachverhaltsdarstellung an die Finanzbehörden im Zusammenhang mit der Finanzierung seiner Homepage nicht als "Selbstanzeige" gewertet wissen. Eine Selbstanzeige könne nur ein Finanzvergehen betreffen und ein solches liege in seinem Fall nicht vor, betonte Grasser bei der Beantwortung einer Dringliche Anfrage der SPÖ am Montag im Bundesrat: "Eine Selbstanzeige liegt bei mir nicht vor." Der Finanzrechtler Werner Doralt hatte Grassers Vorgangsweise im "STANDARD" als "Selbstanzeige" bezeichnet.

Seinen Kritikern warf Grasser "Scheinheiligkeit" vor. Grundsätzlich würden Werbekampagnen mit Steuergeldern finanziert, er als unabhängiger Politiker wollte für seine Homepage keine Steuergelder verwenden, sondern einen Sponsor heranziehen.

Dass die vielen Privat- und Kindheitsfotos in den letzten Tagen von der Homepage entfernt und durch staatstragendere Motive ersetzt wurden, ist für Grasser kein Schuldeingeständnis, sondern normal, weil es sich um ein "lebendiges Gebilde" handle.

Finanzielle Vorteile

Die SPÖ hat am Montag die angekündigte "erweiterte Sachverhaltsdarstellung" gegen Grasser beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern mit Kopie an die Staatsanwaltschaft Wien eingebracht. Vorwurf: Finanzielle Vorteile aus der privaten Finanzierung eines 190.000-Euro-Inserates, in dem die Pensionsreform der Regierung gelobt wurde, sowie die finanziellen Vorteile Grassers aus der Homepage-Finanzierung durch die Industriellenvereinigung. In dem zweiseitigen Schreiben geht es um die "mögliche Unterlassung der Abgabe von Steuererklärungen" gemäß Schenkungssteuergesetz.

In einer ersten Sachverhaltsdarstellung war über die mögliche "Steuerverkürzung" hinaus eine möglicherweise vorliegende "verbotene Geschenkannahme" thematisiert worden. Die SPÖ geht von der Unschuldsvermutung aus. SP-Budgetsprecher Christoph Matznetter: "Die bekannt gewordenen Umstände haben uns aber dazu veranlasst, durch Vorlage dieser Sachverhaltsdarstellung die notwendigen Erhebungen anzuregen." (APA/miba, völ/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.6.2003)