Das Genom der Bonobos ist entschlüsselt - und stellt vor neue Rätsel.

Foto: Michael Seres

Wien - Rund drei Prozent der genetischen Information von Schimpansen und Bonobos sind dem menschlichen Genom ähnlicher, als es die Genome der beiden Menschenaffen zueinander sind. In bestimmten Teilen des Erbguts gibt es eine größere Verwandtschaft von Menschen zu Bonobos als zu Schimpansen. In anderen Teilen ist der Mensch den Schimpansen näher. Zu diesem Ergebnis kam eine im Wissenschaftsjournal "Nature" publizierte Studie eines Forscherteams des Max-Planck-Institutes für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig, dem auch die Genetikerin Ines Hellmann von der Universität Wien (Max F. Perutz Laboratories) angehörte. Die Wissenschafter haben mit dem Genom der Bonobo-Affen das letzte unbekannte Erbgut unter den Menschenaffen entschlüsselt.

Nun soll geklärt werden, ob die genetische Ausstattung auch Verhaltensunterschiede und -übereinstimmungen zwischen Menschen, Schimpansen und Bonobos erklärt. Bonobos und Schimpansen unterscheiden sich in ihrem Verbreitungsgebiet und in einigen Verhaltensweisen: Bonobos sind verspielter, Schimpansen aggressiver. Im Sozialgefüge der Bonobos stehen Weibchen über Männchen, bei Schimpansen umgekehrt. Und Bonobos haben Sex nicht nur, um sich fortzupflanzen, sondern auch, um sich zu entspannen.

Bei Gorillas hat ein dominantes Männchen, ein Silberrücken, mit den meisten Weibchen der Gruppe Nachkommen, andere Männchen nicht. Bei der Entschlüsselung des Bonobo-Genoms hat Hellmann festgestellt, dass in den Bonobo-Populationen, bei denen es kein dominantes Männchen gibt, die Fluktuation in der Anzahl der Nachkommen bei Männchen doppelt so hoch ist wie bei Weibchen. Eine mögliche Erklärung für die Forschungsergebnisse wäre laut Hellmann, dass die weiblichen Bonobos öfter in andere Gruppen wechseln, während die Männchen in der gleichen Gruppe bleiben. (APA, pum/DER STANDARD, 14.6. 2012)