Junge Ägypter erklären ihren Geschlechtsgenossen in dem Video von Anum Khan, dass es reicht mit der sexuellen Belästigung.

Foto: Youtube/Anum Khan

Das riesige Ausmaß an verbaler und sexueller Belästigung in Ägypten ist den lokalen Frauenaktivistinnen seit langem ein Dorn im Auge. Zu einer der aktivsten Frauengruppen gehört HarassMap, eine Organisation, die die Erfahrungen von Frauen weltweit sammelt und daraus interaktive Online-Grafiken erstellt, um das Ausmaß der Gewalt an diversen öffentlichen Plätzen zu veranschaulichen.

Tägliche Frequenz an Belästigungen

Laut einer Studie haben 83 Prozent der ägyptischen Frauen und 98 Prozent der Touristinnen Erfahrung mit sexueller Belästigung. Ungefähr die Hälfte dieser Frauen erfährt sexuelle Belästigung jeden Tag besagt eine Studie des Ägyptisches Zentrums für Frauenrechte aus dem Jahr 2008.

Digitaler Aktionstag

Am 13. Juni wurde von den Aktivistinnen nun eine Art digitaler Aktionstag im Zeichen des Bewusstseins um sexuelle Belästigung gestartet. Auf Twitter ziehen am 13. Juni im Sekundentakt Meldungen unter dem Hashtag "#EndSH" über die Timeline. @deena_adel schreibt z.B., dass sie an diesem Tag allein auf dem Weg zum Auto von drei Männern belästigt wurde: ein Teenager, ein Mann in den 30ern und ein alter Mann kommentierten ihren Körper. "Nimmst du wohl deine Hände von mir?! Spielst du Osteopath, oder was?", rät @FarahHaniAhmed in ihrem Tweet, wie frau sexueller Belästigung begegnen kann.

Ägyptische Männer reagieren auf Belästigungsepidemie

Parallel haben die Aktivistinnen auch einen Clip ins Netz gestellt, der einmal die andere Seite zu Wort kommen lässt - die ägyptischen Männer. Allerdings sprechen hier nicht jene, die Frauen unentwegt angreifen, ansprechen oder nachpfeifen müssen, sondern solche, die sich klar gegen solche Praktiken stellen.

Quelle: Youtube 

"What Men Say to Men Who Harass Women on the Streets" heißt der Clip von Anum Khan, einer Fulbright-Studentin und Aktivistin mit Sitz in Kairo. "Hast du schon jemals damit Erfolg gehabt?", fragt einer. Ein anderer: "Es ist peinlich. Ich kann dich nirgendwo hin mitnehmen."

In dem die Männer Gespräche simulieren, zeigt sich, was in den Köpfen der Gewalttäter eine Rolle spielt: Dass es alle tun, dass es legal sei (was nicht stimmt) oder dass der Kleidungsstil der Frau dazu einlade.

Täter über Twitter erreichbar?

Unter die Twitterer reihen sich aber auch kritische Stimmen. @asmaahassan85 gibt etwa zu Bedenken, dass die Belästiger auf Kairos Straßen kein Twitter benützen würden. Die Aktion sei demnach sinnlos. Eine andere findet, dass nur eine Änderung der repressiven Sexualmoral in der ägyptischen Gesellschaft etwas ändern könne.

Digitaler Aktivismus allein wird das Problem der sexuellen Belästigung wohl kaum lösen können. Mit #endSH setzt die Szene erneut ein Zeichen, dass die Opfer nicht weiter still halten wollen. (red, dieStandard.at, 13.6.2012)