Sie ist eine italienische Diva wie einst Ornella Muti. Und ich bin gerne Adriano Celentano

Die ersten Meter auf der Moto Guzzi V7 750 Spezial erinnern mich sofort an den Film "Der gezähmte Widerspenstige". 1980 kommt die Italo-Komödie mit Adriano Celentano in die Kinos. Es ist das erste Mal, dass er mit Ornella Muti einen Film dreht - einige weitere werden folgen. Ornella Muti, das ist die Moto Guzzi V7 750 Special, die um Celentanos Liebe buhlt - und dabei fürchterlich erfolgreich ist. Ich darf ein paar Stunden Adriano Celentano sein. Engstirnig, cholerisch, frech - aber kann mich dem Charme der V7 nicht verschließen.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Die V7 ist so schön, wie man es der jungen Ornella Muti nachsagt. Die Guzzi steht nur da - und wer etwas für Motorräder übrig hat, wird von ihr angezogen wie eine Supersportmaschine vom Bremspunkt. Klassisch sind die Form des Motorrades, die beiden Federbeine hinten und die Sitzposition. Als Retro-Maschine für Italo-Freunde ist sie auch angelegt.

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Kein Wunder also, dass ich - jemand der Cruisern wenig abgewinnen kann, aber auf Italien steht - mich sofort über die Superstradas der Toskana gleiten sehe, mir die Amalfi-Küste herbeisehne, und die V7 am liebsten direkt vor dem Kolosseum abstellen würde.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Die beiden Zylinder, die links und rechts unter dem Tank hervorlugen, wärmen die Knie wie die Sonne Siziliens. Ihre Arbeit dringt weniger als schiere Leistung aufs Hinterrad, als viel mehr als tiefes Blubbern aus den beiden Endrohren. Moto Guzzi beweist, dass es auch heute noch möglich ist, schöne Auspuffröhren zu bauen, die gut klingen.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Die 51 PS und 58 Newtonmeter reichen leicht für den entspannten Ausflug. Das Hetzen steht der Guzzi nicht. Sie will gleiten. Das befehlen auch die Bremsen. Wer rasch verzögern muss, wird mit der einen Scheibe vorne nicht auskommen und heftig auf den rechten Fußhebel steigen müssen.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Auch die Schaltung ist nicht das, was man leichtgängig nennen wollte. Aber das würde auch nicht zu einer Guzzi passen. Als klar wurde, dass die V7 ein neues Getriebe spendiert bekommen hat, wollte der Adriano Celentano in mir schon zu raunzen anheben. Doch die Lösung ist passabel. Die V7 lässt sich nun leichter schalten, ist aber trotzdem noch keine Perfektionistin, wie wir das etwa von diversen emotionslosen Japanern kennen.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

5 Gänge, Karadanantrieb und eine Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h zeichnen schon ein Bild des dolce far niente. Nur die Armaturen übertreffen sich selbst, zeigen, im klassischen Design, sogar so Firlefanz wie die Lufttemperatur an.

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Neu ist auch, dass die V7 nun keinen Choke mehr braucht. Sie springt auf den ersten Drücker an und läuft sofort rund. Ein wenig Komfort darf schon sein. Und sie zickt auch nicht, wenn es um das Fahrverhalten geht. Natürlich ist der Geradeauslauf bei dieser Bauweise besonders stabil, trotzdem freut sich die Guzzi über Kurven. Mit leichtem Druck auf der Lenkerinnenseite lässt sie sich in die Schräglage dirigieren, die sie dann sauber bis ans Kurvenende durchzieht.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Sie ist eben eine italienische Diva, für die man alles tun würde, auch wenn sie ihre Schwächen hat - oder viel mehr weil sie nicht perfekt ist, sondern lebt. Adriano Celentano hat es Ornella Muti auch nicht übel genommen, wenn sie mit ihren Stöckeln nicht zwischen den Weinreben herumstach. Ihrer Schönheit und ihrem Charme erlag er aber doch.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Nicht nur im Film, wenn man manchen Gerüchten glauben darf. Celentanos Frau Claudia Mori glaubte diese jedenfalls, schrieb mit Giancarlo Bigazzi "Non sucederà più", ein Duett, bei dem Adriano seine Reue zeigte. Da ist die Liebschaft mit der italienischen Diva V7 Special deutlich einfacher.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Moto Guzzi V7 Special

Motor: 2 Zylinder-4-Takt-Motor, 90° V-Twin
Hubraum: 744 ccm
Leistung: 37,5 kW (51 PS) bei 6.200 U/min
Drehmoment: 58 Nm bei 5.000 U/min
Kraftübertragung: Kardan
Radaufhängung vorne: 40 mm Teleskop-Gabel
Radaufhängung hinten: Schwingarm mit zwei Federbeinen
Bremse vorne: Scheibenbremse, Ø 320 mm, 4-Kolben
Bremse hinten: Scheibenbremse, Ø 260 mm
Reifen vorne: 100/90 18" | Reifen hinten: 130/80 17"
Gewicht fahrfertig: 179 kg | Sitzhöhe: 805 mm
Preis: ab 9.999 Euro

Foto: Wolf-Dieter Grabner