Gymnasialprofessor Candussi regt eine Debatte über den Sinn der Zentralmatura an

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Graz -"Wir sind bereit", sagt Hermann Candussi, Deutschprofessor am Akademischen Gymnasium Graz, das sich als "Versuchsschule" für die Zentralmatura gemeldet hatte. Die Vorbereitungen in Deutsch, Englisch oder Französisch seien ohne Probleme verlaufen, geklemmt habe es lediglich in Mathematik, zumal es hier wirklich zu einem Paradigmenwechsel kommen werde und dieser Gegenstand wegen des neuen "Verständnis-Lernens" noch einer gründlichen Vorbereitung bedürfe.

"Nicht gescheit"

Candussi: "Ich bin aber der Meinung, dass das Zurücknehmen der ganzen Zentralmatura nicht gescheit war. Es wäre besser gewesen, nur Mathematik zu verschieben, damit die Sache überhaupt ins Laufen kommt."

Was den Praktiker Candussi aber viel mehr irritiert: "Ich bin wirklich nicht gegen die Zentralmatura, aber ich wüsste gerne, was sie eigentlich wert ist. Nachdem wir gerade auch die Debatte über den Zugang zu den Universitäten führen, habe ich es als höchst merkwürdig empfunden, dass in der ganzen Universitäts debatte das Wort Matura nie vorkommt." Mitte letzter Woche hatte der Präsident der Universitätskonferenz, Heinrich Schmidinger, in diesem Zusammenhang sogar eine gesetzliche Regelung für den Universitätszugang gefordert.

"Wenn nun die Unis an Zugangsregeln basteln", fragt Candussi, "welche Rolle soll dann künftig die Zentralmatura, für die wir jetzt sehr, sehr viel Geld in die Hand nehmen, eigentlich spielen?" Zumal der ursprüngliche Sinn der Matura, die Zugangsbefähigung zu den Universitäten zu prüfen, dann ohnehin wegfalle. 

Projektarbeit statt Matura

Candussi: "Es gibt drei Möglichkeiten. Entweder man sagt, eine bestandene Matura bedeutet einen Zugang zu den Unis, oder man führt einen Numerus clausus ein und bestimmt, dass ein Notendurchschnitt aus bestimmten Fächern Voraussetzung für ein bestimmtes Studium ist." Oder aber - eine logische Konsequenz - man überlege die Matura überhaupt ad acta zu legen, "sie abzuschaffen". Candussi: "Dann schließen die Gymnasien eben mit irgendeinem Ritual, einer Projektarbeit etwa, ab. Und die Unis definieren, wen sie nehmen und wen nicht."

Die jetzige "informelle Mischform" - einerseits Matura als Studienbefähigung und andererseits Unis, die vermehrt ihre Zugänge beschränken - sei auf Dauer jedenfalls "kein haltbarer Zustand". (Walter Müller, DER STANDARD, 11.6.2012)