Platz ist in der kleinsten Baulücke. Das hat sich auch der polnische Architekt und Designer Jakub Szczęsny gedacht - und begann mit Planungen, wie sich der enge Zwischenraum zwischen zwei Häusern an der Straßenecke Żelazna/Chłodna im Warschauer Bezirk Wola auf Wohnraum schaffende Weise nützen ließe.

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Szczęsny hatte die Idee dafür schon vor einiger Zeit. Auf dem Kunst-Festival "Wola Art" wurde es 2009 erstmals vorgestellt, denn es handelt sich "natürlich" um ein Kunstprojekt - mit den polnischen Bauvorschriften lässt es sich nämlich nicht so recht in Einklang bringen. Und dennoch soll es zumindest das "schmalste Haus Warschaus" werden, schließlich hat die "Baulücke", wenn man sie denn überhaupt so nennen will, straßenseitig eine "Breite" von 152 Zentimetern.

Hofseitig - von wo man das Haus dann auch betritt - wird es ein bisschen enger, dort sind es genau 92 Zentimeter. Allerdings ist das der ganze Abstand zwischen den Häusern. Im Inneren des von Medien bereits "schmalstes Haus der Welt" genannten Objekts sind es 133 bzw. 77 Zentimeter, die übrig bleiben.

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Die "Eremitage" ("Ermitaż") soll Arbeits- und Aufenthaltsraum für den israelischen Schriftsteller Etgar Keret werden, der in Polen sehr beliebt ist. Er kündigte im Vorjahr an, nach Warschau übersiedeln zu wollen - zumindest eine Zeitlang. Später soll das Haus für junge Kreative, Künstler und Intellektuelle aus aller Welt zur Verfügung stehen, im Rahmen eines "Artist in Residence"-Programms.

Mit Arbeitszimmer, Küche, Bad und Schlafzimmer soll es jedenfalls voll ausgestattet sein. Das grüne Ding im rechten unteren Eck ist übrigens ein Sitzhocker, auch "Pouf" genannt. Man erreicht ihn nur, wenn die Eingangsstiege hochgeklappt ist - oder wenn man jemand ist, für den das englische Wort "Artist" auch buchstabengetreu im Deutschen zutrifft.

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So klein das Projekt auch ist, so langwierig gestaltete sich das Einholen der Genehmigungen. "Es war bzw. ist mein Projekt mit dem höchsten Aufwand, was die Bürokratie betrifft", klagt Szczęsny gegenüber derStandard.at. Dabei wird es sogar von der Stadt Warschau unterstützt, und auch die Polish Modern Art Foundation gehört zu den Unterstützern. Außerdem der deutsche Investmentfonds LHI und der Getriebe-Hersteller GIRA, wie Szczęsny weiters berichtet.

Nützt halt alles nichts, wenn man eine ganz besondere Spezialgenehmigung braucht: Nämlich eine, um direkt über Fernwärme-Rohren bauen zu dürfen.

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Und so verstreichen die offiziellen Eröffnungstermine. In ersten Medienberichten vom vergangenen Sommer war von November 2011 die Rede. Gerade eben wurde aber erst mal das Stahlgerüst fertig, so Szczęsny. In zwei bis drei Wochen will man das Betonfundament aufschütten.

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Die letzte offizielle Ankündigung einer Eröffnung noch im Juni - und damit mitten im Fußball-EM-fiebrigen Warschau - fiel damit ebenfalls bereits ins Wasser. Jetzt wird Mitte Oktober angepeilt.

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Zeit genug also für alle "jungen Kreativen, Intellektuellen und Künstler", sich zu überlegen, ob man da auch tatsächlich wohnen will. Und, ja: Sponsoren werden übrigens auch noch gesucht.  (Martin Putschögl, derStandard.at, 8.6.2012)

Links

"Etgar Keret's House" (centrala.net.pl)

Wola Art 2009

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