Der griechische Staat verfügt nach Angaben der Tourismusorganisation über rund 6.000 Inseln im Ägäischen und im Ionischen Meer. Nur 227 sind bewohnt. 75 stehen zum Verkauf. Zuschlagen darf jeder, Inländer oder Ausländer.

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Farhad Vladi ist weltweit unterwegs - immer auf der Suche nach Inseln, die zum Verkauf stehen.

Foto: www.vladi-private-islands.de

Doch nichts ist schwieriger, als eine griechische Insel an einen Ausländer zu verkaufen - zu hoch seien die bürokratischen Auflagen. Vladi: "In den letzten 30 Jahren wurde keine einzige an einen Ausländer verkauft."

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Man nehme 1,5 Millionen Euro, eine kräftige Dosis Mut und eine Flasche Ouzo - den braucht man für den sprichwörtlich langen Atem. Was vor einem Jahr noch wie ein Witz klang, ist nun Realität: In Griechenland gibt es plötzlich eine Menge jener Arten von Immobilien zu kaufen, die sonst zu den seltensten Objekten auf dem Markt gehören - Inseln und Inselchen, 75 insgesamt.

Sie alle warten auf neue Besitzer. Denn kaufen kann jeder, egal ob In- oder Ausländer. Kein Wässerchen kann den ersten Schritt ins Paradies scheinbar trüben, doch wie so oft liegen Himmel und Hölle nah nebeneinander. "In den vergangenen 30 Jahren ist es keinem Ausländer gelungen, auch nur eine einzige Insel zu erwerben", sagt Farhad Vladi, Geschäftsführer und Inhaber von Vladi Private Islands, im Gespräch mit derStandard.at. 32 Genehmigungen von 32 unterschiedlichen Stellen braucht ein Nichtgrieche, um ein Eiland zu kaufen. 32 Genehmigungen, die es in sich haben: Da ist unter anderem die Baugenehmigung einzuholen, der Sanktus des Verteidigungsministeriums, aber auch der des Bürgermeisters der gegenüberliegenden Gemeinde.

Genehmigungen über Genehmigungen

"Die Insel ist dicht bewachsen. Es gibt 350 ausgewachsene Olivenbäume, die qualitativ sehr hochwertiges Öl produzieren. (...) Außerdem 125 Pistazienbäume, eine Vielzahl von Obstbäumen, darunter Granatapfel-, Pfirsich-, Mandel-, Pflaumen- und Feigenbäume", beschreibt Vladis Prospekt eine der Inseln im Ionischen Meer. Doch hat der künftige Besitzer auch einen grünen Daumen? Der griechischen Weisheit letzter Schluss: Es muss eine Genehmigung der Landwirtschaftsbehörde her. Vladi: "Die bürokratischen Auflagen sind zeitaufwendig, kommt eine Genehmigung, ist sie auf Griechisch, muss übersetzt werden, woran wiederum die Anwälte kräftig mitverdienen." Mehr als acht Genehmigungen stand bislang kein Interessent durch.

Vladi Private Islands gehört zu den größten Maklern der Branche. 40 griechische Eilande stehen unter seinen Fittichen. Seit Ausbruch der Krise hat sich das Angebot verdreifacht. Neben den Behördengängen gibt es aber noch weitere Stolpersteine. Vladi: "Als Inselbesitzer muss man sehr bodenständig, ein starker Individualist sein und Spaß daran haben, sich der Natur unterzuordnen, denn das Unregelmäßige ist das Regelmäßige auf einer Insel." Luxus sehe anders aus, denn, so Vladi, der sich selbst als Kunsthändler der Natur sieht: "Einen Ferrari oder eine Rolex kauft man sich vielleicht, um damit anzugeben. Auf der Insel kann man nichts herzeigen - übertrieben gesagt: Was nützt eine Rolex, wenn keiner draufschaut."

Zeltlager im Olivenhain

Und so ticken die griechischen Uhren auch in diesem Fall anders. Die völlig überzogenen Preise für die Inseln passen sich erst sehr langsam dem weltweiten Marktwert an. Die Gesetze dagegen überhaupt nicht. Viele der Inseln sind unter "Nature 2000 Law" registriert, stehen also unter Naturschutz. In der Praxis kommt das laut Vladi häufig dem Verbot eines Hausbaus gleich. "Sie kaufen eine Insel und können dann nur ein Zelt aufschlagen. Wer tut das?" Dabei wünschen sich viele Griechen, die Inseln lieber heute als morgen loszuwerden. Vor allem, wenn sie vererbt wurden und die neuen Eigentümer die steigende Steuerlast nicht stemmen können oder wollen.

Und die wohlhabenden Griechen selbst? Entweder bekämen sie die behördlichen Auflagen - diplomatisch ausgedrückt - "unter sich geregelt", oder sie seien längst ins Ausland gezogen, schätzt der Makler. Seit 1971 ist er im Business. Eigentlich wollte er als Student nur eine Insel für sich finden. Seither hat er viel gesehen und bietet mittlerweile mit Büros in Kanada, Deutschland und Schanghai rund um den Globus an die 170 Inseln zum Verkauf an. So unterschiedlich die Inseln, so unterschiedlich sind auch die landeseigenen Regeln. In Neuseeland brauche man beispielsweise nur den Nachweis, kein "Drogendealer oder Mafiaboss" zu sein. Der Bescheid liege innerhalb von vier Wochen auf dem Tisch.

Aber der Inselmarkt sei generell ein sehr kleiner. "Wenn morgen 100 griechische Inseln zu adäquaten Preisen und mit weniger Auflagen auf den Markt kämen, würden sich vielleicht fünf oder sechs Käufer finden." Denn, und hier tauscht griechische Bürokratie mit Poseidon das Zepter, ein Riesenproblem ist die Trinkwasserversorgung. Als Aristoteles Onassis in den 1960er Jahren seine Insel Skorpios erwarb, kauft er das gegenüberliegende Eiland samt Berg gleich dazu. Sein kühner Plan: Im Tal sammelt sich genug Regenwasser, das er in einer Pipeline am Meeresboden zur Hauptinsel leitet. Heute wird eine solche Genehmigung längst nicht mehr erteilt. Entsalzungsanlagen oder der Wassertransport per Boot sind die wenig attraktiven Alternativen, wenn es keine natürlichen Ressourcen gibt.

"Auf der Insel leben Ziegen, um die sich ein Hirte alle vier Tage kümmert. Die derzeitigen Besitzer haben mit dem Hirten eine vertragliche Übereinkunft getroffen, dass er die Insel verlässt, sofern sie verkauft wurde", lautet eine weitere Stelle im Prospekt von Vladi Private Islands. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge wird der Hirte noch oft zu seinen Tieren zurückkommen. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 4.6.2012)