Rückblick auf 2011: Eingecheckt auf der E3.

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Der (vorläufige) E3-Terminkalender. Wer entdeckt den Fehler?

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Auf dem Weg von Wien nach Los Angeles kommt man unweigerlich an Las Vegas vorbei. Sofern man schlau gebucht hat. Die Glitzerstadt zu Füßen fällt es leicht, sich von der Unwirklichkeit inspirieren zu lassen. Aber auch L.A. hat etwas gemein mit Videospielen: Den Schein. Passend, dass hier, in einem der größten Armenhäuser der USA, neben Filmglitter und Popmusik jedes Jahr das interaktive Unterhaltungsmedium gefeiert wird. Am Montag öffnet die Electronic Entertainment Expo (E3) im Blitzlichtgewitter der internationalen Presse ihre Pforten und gewährt einen Einblick in die jüngsten Entwicklungen der Games-Branche.

Kindheitstraum und Pornoschick

Jetzt zum dritten Mal dabei, kann ich zugeben, dass es schon etwas hat, wie die Hersteller ihre Kreationen zur Schau stellen. In Konzerthallen oder Theatern halten Microsoft, Sony und Nintendo ihre Eröffnungskonferenzen ab - mit viel Schall und sehr viel Rauch. Eine größere Bühne für das nächste "Call of Duty" oder "Zelda" gibt es nicht. Hier trifft Autoverkäufermentalität auf Showtalent, Marketing verschmilzt mit Emotionen und Geschichten werden mit Hochtechnologie zum Leben erweckt. Man kann die Verkommerzialisierung sprichwörtlich riechen. Und dennoch müsste ich lügen, wenn ich sagen würde, dass die eskapistische Anziehungskraft der Scheinwelt keine Wirkung auf mich hat. Denn einmal abgesehen von der plumpen Zurschaustellung mit hohlen Phrasen und Pornoschick in Form hunderter werbender und winkender Playmates werden hier nicht zu selten Kindheitsträume wahrgemacht.

Blickt man hinter die Kulissen, blendet die Superlative und leeren Versprechungen aus, passiert es ganz schnell, dass man von der gebündelten Kreativkraft in den Bann gezogen wird. Für die Herausgeber ist es ein Spiel um Milliarden, doch für die versammelten Entwickler, Autoren und Designer geht es immer noch um die Erschaffung von Geschichten, Unterhaltung, Traumwelten. Jeder, der hier eine Bühne sucht, hat Jahre seines Lebens und viel Schweiß investiert, um schlussendlich ein Publikum zu finden. Da macht es keinen Unterschied, ob man eine Indie-One-Man-Show ist oder das hundertste, im Überstundentakt laufende Zahnrad im Studiomahlwerk.

Marathonjournaille

Auf der anderen Seite stehen wir. Die Journalisten. Wir sind hier, um uns Eindrücke zu verschaffen, mit den Schöpfern zu sprechen, Werke einzuschätzen und zu beurteilen. Unter den Argusaugen der LeserInnen und mit den euphorisch Worten der Schöpfer im Ohr eine dankbar-undankbare Aufgabe. Will man einen guten Job machen und sich von keiner Seite zu sehr beeinflussen lassen, bedeutet es vor allem aber eines: Stress. Je nach Medium mag die Kurve anders verlaufen, aus Sicht eines Onliners ist es ein einwöchiger Marathon von einem Termin zum anderen und einem Artikel zum nächsten. Ein Marathon, auf den meistens ein wochenendlicher Totalausfall folgt. Hat man alles "im Kasten", ist es dann irgendwie ein wirklich gutes Gefühl.

Abseits der Show-Stoppers besonders spannend zu sehen, als Vertreter eines für die weite Welt eher unbedeutenden Mediums, Marktes und Landes, ist, welchen Aufwand vor allem die großen US-Fachmedien betreiben. Vergangenes Jahr baute IGN etwa ein eigenes Live-Studio auf der Messe auf und sendete rund um die Uhr Interviews, Vorschauen und Kommentare. Dagegen konnte sogar der ZDF auf der vergangenen IFA in Berlin einpacken.

Die E3 auf derStandard.at/Games

Für interessierte Konsumenten hat dies einen großen Vorteil: Dank des Internets, muss man heute nicht mehr nach Los Angeles fahren, um die Shows der großen Publisher zu sehen. Microsoft, Sony, Nintendo, EA und Ubisoft streamen ihre Pressekonferenzen übers Web direkt ins Wohnzimmer oder den Arbeitsplatz. Der GameStandard wird Microsofts und Ubisofts Konferenzen ebenfalls live streamen und zu allen großen Events Berichte liefern. Ich kann das kollektive Gerangel um Sitzplätze und WLAN-Zugänge kaum abwarten - NOT. Beim permanenten Blickwechsel zwischen Laptop-Display und Bühne läuft eigentlich immer eine Kleinigkeit schief. Mal verliert man die Abdeckung der Spiegelreflexkamera (2008), ein anderes Mal dreht ein Veranstalter (Nintendo!!!!!) just in dem Moment das Netz ab, wenn man seinen Artikel abschicken möchte (2011).

Nun, bei 21 geplanten Terminen in vier Tagen hoffe ich, dass sich noch der eine oder andere große Rundgang auf der Messe selbst ausgeht und ich meine Wette mit Kollegen Alexander Amon von consol.AT um "das beste Spiel der E3" gewinne. Sollte mich Nintendo nicht hängen lassen, tippe ich auf das unangekündigte "Super Mario Wii U" (oder wie auch immer es heißen wird), Alex hofft auf das neue "The Elder Scrolls Online". Ob ich einen richtigen Riecher bewiesen habe, erfahren wir wohl Ende der Woche, wenn die offizielle E3-Jury bestehend aus Pressevertretern abgestimmt hat.

Bis dahin empfehle ich folgende Werke und Neuerungen genau im Auge zu behalten:

  • "Assassin's Creed 3"
  • "The Elder Scrolls Online"
  • "Dishonored"
  • "The Last of Us"
  • "Quantic Dreams nächstes Spiel"
  • "Das neue Gears of War"
  • "Beyond Good & Evil 2" (man darf noch hoffen)
  • "Halo 4"
  • "Star Wars 1313"
  • "Hitman Absolution"
  • "SimCity 5"
  • "Tomb Raider"
  • "God of War: Ascension"
  • "Das neue Splinter Cell"
  • "The Unfinished Swan"

und alle Wii U-Games...

Was sonst noch passiert ist diese Woche

Was ich auf keinen Fall vergessen wollte: Großes Dankeschön an die zahlreichen Einsendungen zu den Videospiel-Meilensteinen. Sobald ich von der E3 zurück bin, mache ich mich an die Arbeit, alle Inputs zu sichten.

Ebenfalls besten Dank für die Rückmeldungen zu unserer neuen Indie-Games-Serie. Wir werden auch künftig weiter an dem Thema dranbleiben. Bis dahin wünsche ich noch einen guten Wochenstart und viel Glück bei unserem laufenden PS Vita-Gewinnspiel. Am Montag geht es mit der E3-Berichterstattung los. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 3.6.2012)

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