Manche Medien leiern ihr Geschäft an, indem sie ihren Konsumenten von Zeit zu Zeit anbieten, aus einem von diesen beizusteuernden Angebot den süßesten Hund oder die rassigste Katze zu wählen. Hühner kommen so gut wie nie zu dieser Ehre, auch Hasen nicht, trotz Albrecht Dürers Bemühungen. Das dürfte an der geringeren erotischen Ausstrahlung liegen. Um in dieser Hinsicht keinen Fehler zu machen, unterbreitet ein Magazin diese Woche den Leserinnen, möglicherweise auch den Lesern, schon auf dem Cover ein Angebot. "Fußball-EM: NEWS-Leser wählen den schönsten Spieler". Und zwar "vorab", damit nur ja kein anderes Blatt diese geniale Idee mit dem "Sex der heißesten Kickstars" vor Beginn des Treibens in Polen und der Ukraine stehlen kann.

Wie immer bei solchen Sachen handelt es sich um ein Lockangebot, was schon der Titel der Story im Blattinneren verrät: "Woki mit deim Popo." Hat zwar nichts mit Fußball zu tun, soll vermutlich nur an den sensationellen österreichischen Erfolg in Aserbeidschan erinnern. Denn zu sehen ist dann weder "Sex" noch "Popo", zu sehen sind drei nackte, mehr oder weniger behaarte Brustkörbe neben fünf züchtig bekleideten Gestalten aus dem Fußballgewerbe. "NEWS-Leser können wählen, welcher der vorgestellten EM-Stars den meisten Sex-Appeal versprüht." Gewinnen können sie zwar nichts, aber damit sie sich nicht überanstrengen müssen, wird ihnen vorweg mitgeteilt: "Cristiano Ronaldo. Der 27-Jährige gilt als der Schönste unter den schönen Kickern und hat bei den Mit-ihm-Spielerinnen freie Wahl. Ballkontakt hält er derzeit mit Model Irina Shayk. Für all die anderen macht der Stürmer vom spanischen Meister 2012, Real Madrid, den Luxusbody vor Kameras nackig."

Spät, aber doch, kommt dann doch noch Sex ins Spiel: "Marktwert: 90 Millionen Euro, Jahreseinkommen: 39 Millionen Euro." Aber, so will "News" warnen: Bei Fußball und Sex nicht Ursache und Wirkung durcheinanderbringen, "denn Schönheit schlägt Können. Ronaldo war 2008 Weltfußballer, Messi" - der in der SexShow des Magazins gar nicht abgebildet ist - "holte diesen Titel 2009, 2010, 2011." Aber: "Mit seinem Einkommen hat der Portugiese sogar Lionel Messi überholt. Am Erfolg kann' s nicht liegen." Klar, denn "das Offensichtliche ist für Otto Normalverbraucher in zahlreichen Studien längst bewiesen: Ein ansprechendes Äußeres ist gut für die Karriere, ist gut für die Geldbörse, ist toll bei der Partnerwahl." Wer hätte das gedacht? Vielleicht könnte man die Europameisterschaft in eine Schönheitskonkurrenz umfunktionieren, und den Fußball beiseitelassen: "Schönheit schlägt Können".

Herrscht bei den "Kickstars" kein Mangel an Sex, geht anderswo nichts weiter, wenn man "News" glauben darf. "Beim Grand Prix von Monaco präsentierten sich Fürst Albert und Fürstin Charlène mit steinernen Mienen. Die Untertanen erwarten von dem Paar erfolgreiche Vervielfältigung." Bei solch frechen Erwartungen der "Untertanen" ist es kein Wunder: "Baby-Stress im Hause Grimaldi."

Geschult an den Wirtschaftsseiten der Medien glaubt "Otto Normalverbraucher", dem nicht die Gnade zuteilwurde, "Untertan" bei den Grimaldis zu sein, von deren "Untertanen" ja gern, sie nähmen diesen Zustand nur auf sich, um ihr Geld steuerschonend in deren Land aufzubewahren. Weit gefehlt! Es handelt sich bei diesen, glaubt man "News", um Muster an Zartgefühl, die Tag und Nacht an nichts anderes denken als an Albert und Charlène bei der Arbeit an ihrer "Vervielfältigung". Es geht um die "Sehnsucht und Hoffnung der Monegassen, ihre Landesmutter möge alsbald mit einem Thronfolger niederkommen. Oder" - man will nicht aufmüpfig drängen - "zumindest eine Schwangerschaft offiziell bestätigen".

Es ist nämlich so: "Seit der pompösen Eheschließung am 1. und 2. Juli des Vorjahres und einem turbulenten Honeymoon in Südafrika ist die auffallend schlanke Silhouette der Fürstin Thema Nr. 1 im erzkatholischen Zwergstaat an der Côte d'Azur. Den Beobachtungen des" - österreichischen - "Honorarkonsuls zufolge würden ihre Untertanen jede Veränderung an der Landesmutter analysieren." "Alle warten, aber bisher gibt es keine Anzeichen einer Schwangerschaft." Wenn nur das öffentliche Leben in Monaco nicht zum Erliegen kommt! Man soll ja beim Vervielfältigen nicht hudeln, aber schon aus Mitleid mit den so schrecklich leidenden Monegassen muss bald etwas geschehen. Das vorläufig letzte Mittel: "Schwiegermutter zieht ein".

Wie gut haben es doch wir Österreicher! (Günter Traxler, DER STANDARD, 2./3.6.2012)