Die Stadt Wien hat nur ein paar U-Bahn-Minuten vom Zentrum entfernt erstaunlich ländliche Gegenden zu bieten. So zum Beispiel am Rande des hoffnungsfrohen transdanubischen Stadtentwicklungsgebietes rund um die UNO-City. Dort wachsen nicht nur Türme, sondern auch Brennnesseln am Straßenrand, es gedeihen wohlgepflegte Privatgärten rund um die kleinere Einfamilienhausvariante der Architektur - und im Bereich des Donizettiwegs gibt es sogar so etwas wie ein großes Feld.

Mitten auf diesem Feld steht neuerdings ein markantes Gebäude, in dem jährlich über 600 Lehrlinge aus Wien und dem Rest Österreichs in die Geheimnisse des Gartenbaus und der Floristik eingeführt werden. Die Berufsschule wurde soeben feierlich eröffnet, für die Architektur zeichnet atelier 4 architects verantwortlich, die bürgerlichen Namens Peter Erblich, Zachari Vesselinov, Manfred Hirschler und Peter Scheufler heißen.

Im Anfang war also das Feld, irgendwann begann der Mensch auch zu gärtnern, und wie das alles so funktioniert mit Fruchtfolgen und Düngergaben, mit Blumenstecken und Rosenschneiden, wird hier von Fachkräften an die Jugend weitergegeben. Das Feld und der Garten bleiben Thema, auch in der Gestalt der Architektur, und die weniger sichtbaren Tugenden jedes Gärtners, nämlich mit Effizienz der Mittel und ökologischem Bedacht größtmöglichen Ertrag zu ernten, wurden in umgewandelter Form in Sachen Haustechnik eingebracht.

Weil der Garten auch ein Ort der Kommunikation ist, beginnt dieses neue Haus eigentlich schon mit seinem großen, akkurat abgetreppten Vorplatz. Eine Rampe führt parallel zum Gebäude zum Eingang, im darunter liegenden Terrassengarten stehen die von den Schülerinnen und Schülern gepflegten Blumen in Reih und Glied, der Ginkobaum, der bereits da war, darf einen besonderen Blickpunkt bieten.

Nichts Blumiges, was die straßenseitige Fassade anbelangt: Hier herrscht flächige Klarheit, an der Hinterseite gibt es reduzierte Rankgerüste für Trompetenwinden und andere Kletterer. Der Baukörper selbst wurde geschickt strukturiert, wodurch sich Einschnitte, Höfe, Freiräume in oberen Geschoßen ergeben, die man derweilen von außen allerdings nur ahnen kann. "Wir wollten eine klare Form in diese Feld- und Heckenstruktur stellen", sagen die Architekten, die hier naturgemäß besonderen Wert auf das Zusammenspiel von Innen- und Außenräumen zu legen hatten. Immerhin dient der gesamte Feld-Garten mit Glashäusern und Lehrbeeten rund um das Haus quasi als erweitertes Freiluftklassenzimmer.

Grob gesprochen bildet der Baukörper über dem rechteckigen Erdgeschoß ein großes U, in dessen Mitte sich ein Hof und unter dessen einem Flügel sich ein überdachter Freiraum befinden. Auch innen ist man also stets ein bisschen draußen, jedenfalls nah an irgendeinem Grünraum. Dass die alle, so wie auch der Vorplatz, sehr gepflegt sind, versteht sich von selbst, und auch das Feld kommt in Form einzelner streifig angelegter Rabatte, die aussehen wie Miniaturblumenfelder, einmal mehr zu seinem Recht.

Das Gebäudeinnere selbst erschließt sich den Eintretenden ebenfalls erfrischend logisch. Ein helles, geräumiges Stiegenhaus bildet eine Art Aula und Kommunikationszentrum. An der Wand wächst, von einem besonderen Rankgerüst gestützt und mittels feuchten Vlieses mit den entsprechenden Nährstoffen versorgt, allerlei Grünzeug in die Höh', als vertikaler Schaugarten sozusagen.

Oben liegen die einzelnen Klassenräume: hell, ahorngetäfelt, freundliches, zum Teil von den Architekten entworfenes Mobiliar. In den unteren Zonen wird in großen Werkstätten das Handwerk gelernt, die interne Verwaltung und die Lehrerzimmer sind ebenfalls hier unten untergebracht. Der Turnsaal liegt vier Meter unter dem Gelände, das gesamte Haus musste in dichter Wanne gegründet werden, da die Donau nah, der Grundwasserspiegel hoch ist.

Das eigentliche Zentrum der Schule befindet sich dort, wo gearbeitet wird, wo zum Beispiel Blumenarrangements entworfen und sodann in die Tat umgesetzt werden. Den Werkstätten gegenüber befinden sich die Kühlräume, in denen die Schnittblumen bei wenigen Grad Celsius aufbewahrt werden.

In Schuldirektor Johann Dücke fanden die Architekten offensichtlich einen harten, aber herzlichen Partner, mit dem gemeinsam alle schulischen Abläufe - von der Materialanlieferung über die Verarbeitung bis hin zu den besonderen Erfordernissen der Lehre - in wiederholt verfeinerte architektonische Form gegossen werden konnte.

Auch die Haustechnik ist raffiniert ausgeführt, man nahm Bedacht auf Wärmerückgewinnung bei den Lüftungsanlagen, installierte eine Photovoltaikanlage als Fassadenelement, die zugleich der inneren Beschattung dient, und experimentierte unter dem Motto "Gute Luft für gute Schüler" mit unterschiedlich kontrollierter Be- und Entlüftung in den Klassenräumen. Auch die Wasseraufbereitung folgt ökologischen Grundsätzen: Die WC-Spülung erfolgt etwa mittels Nutzwasser.

Die Berufsschule für Gartenbau und Floristik ist ein fein durchdachtes Haus, dem seine Nutzer näher sind als jeder architektonische Show-off. Ökologie, Ökonomie der Mittel, ein gepflegter Umgang der Menschen untereinander und mit den Pflanzen standen im Vordergrund. Architektonisches Gärtnern at its best. []
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