Porto Karras/Saloniki - Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich ohne größere Kontroversen auf die weitere Vorgehensweise für die Ausarbeitung der ersten europäischen Verfassung geeinigt. In gemeinsamen Schlussfolgerungen, die ohne Abstriche angenommen wurden, wurde am Freitag bei dem Gipfeltreffen im nordgriechischen Porto Karras festgehalten, dass der Verfassungsentwurf des Konvents "eine gute Ausgangsbasis für den Beginn der Regierungskonferenz" bilde. Die Konferenz der 25 EU- und Beitrittsstaaten soll im Oktober einberufen werden und ihre Arbeiten "so rasch wie möglich" beenden. Damit soll den EU-Bürgern die Gelegenheit gegeben werden, sich noch vor den Europa-Wahlen im Juni 2004 mit der neuen Verfassung vertraut zu machen.

Vertreter der Beitrittsländer bei Beratungen dabei

Erstmals gleichberechtigt mit am Tisch werden die Vertreter der zehn Beitrittsländer bei den abschließenden Beratungen zur Verfassung sitzen, obwohl sie der EU erst im Mai 2004 beitreten. Damit will die EU den zehn Neuen die Aufgabe erleichtern, die Verfassung in ihren Parlamenten durchzubringen. Die Ratifizierung in den 25 Ländern kann aus zeitlichen Gründen erst nach der Erweiterung erfolgen.

Teilnahme Giscards als Beobachter abgelehnt

Keinen Erfolg hatte Konventspräsident Valery Giscard d'Estaing trotz des vielen Lobes, mit dem er für seine Arbeit am Freitag überschüttet wurde, mit seinem Anliegen, als Beobachter an der Regierungskonferenz teilzunehmen. Nur das Parlament und die EU-Kommission sollen eng mitarbeiten dürfen. Geleitet werden die Arbeiten von den EU-Staats- und Regierungschefs, in der Praxis werden die Außenminister den Großteil der Verhandlungen führen.

Verlängerung des Konvents bis Mitte Juli

Giscards Wunsch nach einer Verlängerung des Konvents bis Mitte Juli, um einige "technische Fragen" zu bereinigen, wurde stattgegeben. Dabei geht es allerdings um hoch politische Fragen wie die Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen. Giscard sagte am Freitag, er wolle sich nicht in die Regierungskonferenz einmischen. Eine Ausweitung der Bereiche, die künftig mit Mehrheit entschieden werden soll, halte er aber für ausgeschlossen. Der Konvent sei diesbezüglich schon "so weit wie möglich" gegangen. Es sei ein "Mythos", zu glauben, dass sich eine gemeinsame EU-Außenpolitik durch Aufhebung des nationalen Vetos herstellen lasse. Sie müsse auf Konsens beruhen. Vor allem London will sein Vetorecht nicht aufgeben.

Österreich fordert "Verbesserungen"

Während der deutsche Außenminister Joschka Fischer sich überzeugt zeigte, dass die Regierungskonferenz den Konventsentwurf ohne wesentliche Änderungen übernehmen werde und eindringlich vor einem Aufschnüren warnte, beharrte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auf den bekannten Forderungen Österreichs und einiger anderer kleinerer Länder. "Verbesserungen" will Österreich vor allem hinsichtlich der EU-Kommission erreichen. Jedes Mitgliedsland müsse mit einem stimmberechtigten Kommissar vertreten sein, die Rotation des EU-Ratsvorsitzes soll erhalten bleiben. Der Entwurf sieht dagegen eine Verkleinerung der Zahl der stimmberechtigten Kommissare auf fünfzehn ab 2009 und die Einrichtung eines permanenten Präsidenten des Europäischen Rates vor.

Vorbehalte zur Machtverteilung

Vorbehalte gegen die Regelung der Machtverteilung im Dreieck der EU-Institutionen Rat, Kommission und Parlament meldete auch Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker an. Sie gelten vor allem der Vielzahl neuer Ratsvorsitzender, die künftig im Rotationsverfahren die neun verschiedenen Ratsformationen wie Agrar- oder Finanzministerrat leiten sollen. Juncker sprach von einem "Dunkelraum", der noch erhellt werden müsse.(APA)