Rio de Janeiro - Ganze 17 Monate währte die fußballerische Traumehe zwischen Brasiliens einstigem Weltstar Ronaldinho und dem Traditionsklub Flamengo aus Rio de Janeiro. Am Donnerstag erwirkte der 32-Jährige wegen ausstehender Zahlungen in Millionenhöhe eine vorzeitige Auflösung seines Vertrages.

Rio de Janeiro - Der Streit zwischen Ronaldinho und seinem Klub CR Flamengo artet endgültig zu einem schmutzigen Rosenkrieg aus. Exakt 40.177.140 Real, umgerechnet rund 16 Millionen Euro, fordert der Brasilianer, dessen sportlicher Wert seit 2006 rapide abnimmt, an ausstehenden Zahlungen vom Traditionsklub aus Rio de Janeiro. Entschieden zu viel, befand Richter André Luiz Amorim Franco vom 9. Bezirksarbeitsgericht, und befreite den 32-Jährigen per einstweiliger Verfügung aus dem ursprünglich bis Dezember 2014 laufenden Vertrag.

"Die Situation war unhaltbar. Gemachte Versprechen wurden nicht gehalten", erklärte Ronaldinhos Anwältin Gislaine Nunes. Der Weltmeister von 2002 will aber auf jeden Fall seine Karriere fortsetzen. "Das Karriereende ist noch weit weg. Jetzt gilt es, die Zukunft in Ruhe zu planen", sagte der Dribbelkünstler im ersten Interview nach dem Knall.

Auch bei den "Rubro-Negros" ging man schnell zur Tagesordnung über. "Ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommen könnte. Flamengo ist größer als jede Person, und wird es auch immer sein. Der Fall ist jetzt bei der Rechtsabteilung des Klubs", verkündete Vereinspräsidentin Patricia Amorim, die das einstige Schoßkind umgehend von der Vereins-Homepage verbannte.

Win-Win war einmal

Der beste Spieler beim größten Klub der Welt, so hatte Flamengo im Januar 2011 euphorisch das Ende eines Verhandlungsmarathons gefeiert. Beim Gewinn der regionalen Carioca-Meisterschaft drei Monate später war die Welt noch in Ordnung. Doch dann genoss der Weltmeister von 2002 immer mehr das leichte Leben zwischen Copacabana und Zuckerhut.

Seine nächtlichen Ausflüge werden berüchtigt, das Schwänzen des Trainings am Tag danach zur Routine. Weder Startrainer Vanderlei Luxemburgo, noch sein Nachfolger Joel Santana bekommen "R10" in den Griff. Der Sportvermarkter Traffic, der einen Teil der Gehälter trägt, erklärte als Erster das "Projekt Ronaldinho" für gescheitert, von den Fans bekam der einstige Barcelona-Star trotz 28 Toren in 72 Spielen zuletzt oft nur noch Pfiffe zu hören.

Eine offensichtlich unabgesprochene Reise Ronaldinhos in seine Heimatstadt Porto Alegre, wo seiner Mutter am Wochenanfang operativ ein Tumor entfernt wurde, hatte die Gemüter in dieser Woche schon erhitzt. Bereits am Donnerstagmorgen hieß es, dass Flamengo seinen Star vorübergehend suspendiert hätte, was die Klubleitung später dementierte, ehe Ronaldinho das Heft des Handelns selber in die Hand nahm.

In Rio bleibt ein Klub zurück, der mit dem Aus als einziger brasilianischer Erstligist in der diesjährigen Gruppenphase des Libertadores Cups sportlich einen Offenbarungseid leistete und vergeblich auf millionenschwere Sponsorenverträge mit Ronaldinho als Sympathieträger hoffte. (sid, 1.6. 2012)