Alte Fahrradschläuche sind der Stoff, aus dem Eva K ihre Kreationen fertigt - Bei den Workshops im Fahrradhaus kann man sich selbst austoben

In regelmäßigen Abständen lädt das Fahrradhaus Wien zum Radrecycling-Workshop mit der Wiener Designerin Eva K., so auch an einem vorsommerlichen Abend im Mai. Die zu verarbeitenden Fahrradschläuche sind bereits präpariert. "Ich wasche sie in der Badewanne oder in der Waschmaschine, aber eure Hände werden nachher trotzdem schwarz sein." Was - vorausgeschickt - am Ende nicht der Fall sein wird, so gründlich war Eva K. am Werk.

Foto: derstandard.at/tinsobin

Fünf Teilnehmer versammeln sich um den Arbeitstisch, und wie man erkennen kann, finden auch Männer Gefallen am Nähen. "Die Innenseite des Schlauchs rutscht mehr als die Außenseite, deshalb empfehle ich euch, die Innenseite auch als Innenseite eurer Stücke zu verwenden", rät Eva K. und verteilt Fingerhüte, da das Durchstechen mehrerer Schlauch-Lagen eine ziemliche Belastung für die Fingerkuppen bedeutet.

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Ein iPhone-Täschchen aus einem Fahrradschlauch samt Flicken muss her, überhaupt wenn man Fahrradredakteurin ist.

Zuerst wird ein Schlauch mit einer passenden Breite gesucht ...

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... dann wird der obere Rand festgesteckt und der Schlauch in die richtige Länge geschnitten.

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Nun geht es ans Nähen mit einem reißfesten Faden.

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Währenddessen gibt Eva K. dem nähtechnisch nicht unerfahrenen Reinhard Tipps zum Umgang mit dem Schlauch. "Fahrradschläuche sind schon ein widerspenstiges Material, sie picken extrem", weiß die Recycling-Designerin, die ihr Material aus einem Fahrradgeschäft und von Freunden bezieht.

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Das Material ist in seiner Form und Struktur erstaunlich vielfältig: Breite Schläuche kommen von Mountainbikes, schmale von Rennrädern, und auch die Flicken gestalten sich unterschiedlich - mit orangem Zackenrand oder wie im Bild dezent in Schwarz.

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Reinhard hat einen Schlauch mit Streifen und Nummerierung (ganz links) gewählt. Sein Arbeitsziel des heutigen Abends ist ein Etui für seine Ausweise.

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Jan kommt aus Hamburg und ist auf der Durchreise von Budapest nach Prag zufällig am Fahrradhaus vorbeigeradelt. Bei der Fertigung eines Täschchens für seinen iPod regeneriert er sich für den Rest der Tour.

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Eine Workshop-Teilnehmerin näht zwei Schläuche der Länge nach aneinander. Ziel ist die Herstellung einer geräumigen Brieftasche.

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Eva K. näht parallel dazu mit. Vor eineinhalb Jahren entdeckte die "gelernte Psychologin" das "Artrecycling" und praktiziert es heute selbstständig als Haupterwerb. Auf die Verarbeitung von Fahrradmaterialien ist sie gekommen, weil ihr Vater ein Fahrradgeschäft hatte. "Da ist mir aufgefallen, wie spannend die Teile sind, und ich habe damit begonnen, zum Beispiel Kettenblätter mit anderen ungewöhnlichen Materialien zu kombinieren und Gebrauchsgegenstände daraus zu machen."

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Anpassung der Innenfächer an die Kreditkarte.

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Außenkanten, die aus mehr als zwei Schlauchlagen bestehen, bearbeitet Eva K. mit dem Nieter, da das Nähen per Hand zu kraftraubend wäre.

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Die roten Bändchen sind schnell durch die Löcher gezogen ...

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... oder man macht sich die Arbeit, die Schläuche in dünne Streifen zu schneiden und die Kanten damit zu säumen. Optisch lohnt sich's auf jeden Fall.

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Ob mit einer Nadel oder mit Stanze und Bändchen, Eva K. bleibt beim Nähen. "Kleben ist schwierig, denn der Talk wird in der Fabrik auf die Schläuche aufgebracht, wenn sie noch warm sind. Das geht dann nur unter Einsatz von Alkohol runter." Vulkanisierungskleber ist auch keine Alternative, weil er giftig und sehr teuer ist.

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In ihrer Werkstatt näht Eva K. ihre Entwürfe - wie die Gürtel im Bild - eher selten per Hand, sondern mit einer halbindustriellen Nähmaschine, die zwecks Beförderung des leicht klebrigen Schlauches ein spezielles Rollfüßchen hat.

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Drei Stunden vergehen beim Nähen und Plaudern wie im Flug, und Produkte, die man nirgends kaufen kann, entstehen auch noch dabei, wie etwa die beiden Brieftaschen ...

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... eine ungewöhnliche Geschenkverpackung ...

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... und die angemessene iPhone-Hülle für eine Fahrradredakteurin.

Die nächsten Radrecycling-Workshops finden statt am 13.Juni (mit Eva K.) und am 26.Juni (mit Kontiki), jeweils von 16 bis 19 Uhr im FahrRADhaus, Friedrich-Schmidt-Platz 9, 1010 Wien statt.

Infos und Anmeldung: fahrradhaus.wien.at
Eva K.s Radrecycling: wirrwarr.at
Kontiki: kontiki.or.at

(Eva Tinsobin, derStandard.at, 1.6.2012)

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