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Der Standort Österreich verliert an Attraktivität.

Grafik: APA

Mit seiner Steuerpolitik kann Österreich im internationalen Vergleich nicht punkten. Nur Platz 56 unter 59 untersuchten Ländern nimmt die Republik bei dieser Kategorie im aktuellen Wettbewerbsranking des Managementinstituts IMD ein, das heute, Donnerstag, veröffentlicht wird, dem Standard aber bereits vorliegt.

Neuerlich bergab geht es auch in der Gesamtbewertung. Nach Platz 18 im Vorjahr gibt es heuer nur mehr Platz 21. Zum Vergleich: 2010 war man noch 14., vor fünf Jahren sogar Elfter. Schlechter als jetzt schnitt Österreich das letzte Mal im alten Jahrtausend ab.

Für die jährlich erscheinende Studie werden insgesamt 329 Kriterien berücksichtigt, die in 20 Kategorien zusammengefasst werden. Zwei Drittel gehen auf "harte Daten", also Statistiken, zurück. Ein Drittel auf eine Umfrage unter Vertretern des mittleren und höheren Managements. Das Ranking soll widerspiegeln, ob in einem Land ein Umfeld besteht, das mehr Wertschöpfung und Wohlstand ermöglicht. In Österreich arbeitet das IMD mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut und der Industriellenvereinigung zusammen.

Weiter Absturz könnte drohen

Nächstes Jahr könnte Wien ein weiterer Absturz drohen. Die meisten steuerlichen Maßnahmen, die im Zuge des Sparpakets beschlossen wurden, sind im aktuellen Ranking nämlich noch gar nicht berücksichtigt.

Neben der Steuer- und Budgetpolitik liegt Österreich noch bei zahlreichen anderen Kriterien auf den hinteren Rängen. So werden die Zuwanderungsgesetze nicht gerade als standortförderlich eingeschätzt (Rang 50). Als hoch wird die Gefahr eingestuft, dass Forschungs- und Entwicklungszentren abwandern könnten (ebenfalls Platz 50). Für Investitionen in Telekommunikation gibt es gar nur Rang 54.

Wobei Österreich im Allgemeinen beim Bereich Infrastruktur gar nicht so schlecht abschneidet. Die beste Platzierung bringt das Gesundheitssystem (Rang acht) ein. Gut liegt Österreich auch bei allgemeinen wirtschaftlichen Eckdaten - Wachstum, Arbeitslosigkeit, Tourismus. Bei der Verteilungsgerechtigkeit gibt es Platz zehn.

Osteuropa-Risiko

Als Sorgenkind gilt nach wie vor der heimische Bankensektor, wie IMD-Chef Stéphane Garelli sagt. In dieselbe Kerbe schlug am Mittwoch die EU-Kommission bei ihren Empfehlungen an die Mitgliedstaaten. "Österreich sieht sich mit speziellen Herausforderungen konfrontiert wegen des hohen Exposures seiner Banken in den Ländern Mittel- und Osteuropas, weil sich die Qualität der Anlagen in einigen dieser Wirtschaften noch verschlechtern kann", heißt es wörtlich. Die Budget-Konsolidierungsbemühungen würden 2012 "ernsthaft erschwert" durch die staatliche Hilfen an die Banken ÖVAG und an die KA Finanz. Die im Sparpaket eingerechneten Einnahmen werden angezweifelt und die EU-Kommission erklärt unter anderem, Österreich müsse mehr für Forschung und Innovation tun, die Bundeswettbewerbsbehörde gehöre gestärkt und müsse vor allem den Bahn-Frachtbereich und die Post im Auge haben.

An der Spitze des IMD-Wettbewerbsrankings gibt es wenig Bewegung. Hongkong und die USA bleiben vorne. Die Schweiz schafft den Sprung aufs Treppchen. Einen größeren Satz nach vorne macht Norwegen. Deutschland schafft eine neuerliche leichte Verbesserung.

Europas Sorgenkind Griechenland hat sich auch in dieser Statistik fast bis ans untere Ende durchgekämpft. Nur Venezuela ist weniger attraktiv. Die aufstrebenden Schwellenländer China (23), Indien (35) und Brasilien (46) verloren etwas an Boden. "Die USA sind die einzige Wirtschaft in der Welt, die groß genug ist, um eine Konjunkturlokomotive für den Rest der Welt zu sein," sagt Garelli. (Günther Oswald, DER STANDARD, 31.5.2012)