Wien - Die im Sommer nächsten Jahres fällige Neubestellung der Direktoren der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) soll nach Informationen der "Wiener Zeitung" um ein halbes Jahr vorverlegt werden. Der Grund: Die Neubestellung bzw. Verlängerung dieser politisch besetzten Führungsjobs fiele sonst mitten in die heiße Phase des Nationalratswahlkampfes.

Die Verträge der vier Nationalbank-Direktoren laufen Ende August 2013 aus. Um die Angriffsfläche im Wahlkampf gering zu halten, hätten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) beschlossen, die Bestellung der Nationalbank-Chefs ein halbes Jahr vorzuziehen, schreibt die der Republik Österreich gehörende Zeitung ohne Quellenangabe.

Proporz

Das Notenbank-Direktorium ist paritätisch besetzt: Gouverneur Ewald Nowotny und Direktor Peter Zöllner werden der SPÖ zugeordnet, Vizegouverneur Wolfgang Duchatzcek und Direktor Andreas Ittner der ÖVP. Wegen des Vorziehens müsste bereits heuer im September ausgeschrieben werden. Eine schlichte Neubestellung der vier Direktoren sei unwahrscheinlich.

Als sicher gilt, dass Vizegouverneur Duchatczek nicht mehr antritt. Der 63-Jährige steckt als Aufsichtsratschef der OeNB-Banknotendrucktochter OeBS in Korruptionsermittlungen rund um Lieferungen nach Syrien und in zentralasiatische Länder. Duchatczek, so wird in dem Bericht betont, könne zwar nichts dafür, aber die dubiosen Geschäfte seien von der mittlerweile abgelösten OeBS-Geschäftsführung durchgeführt worden, die er präsidierte. Er soll angeblich von sich aus auf eine Wiederkandidatur verzichten.

Wieder Tumpel-Gugerell im Gespräch

Als heißer Kandidat für seine Nachfolge gilt seit Monaten Ex-BAWAG-PSK-Vorstand Stephan Koren. Korens Vater war in den 1970ern Notenbank-Chef. Stephan Koren ist immer noch als neuer ÖVAG-Boss im Gespräch. Laut Zeitung soll er für die ÖVAG abgewunken haben, was in der VP allerdings auch gestern Abend wieder bestritten wurde. OeNB-Vorstand Ittner gilt als vorsichtig und abwägend, hat sich aber als zuständiger Bankenaufsichtschef in der Notenbank des öfteren auch mit "schwarzen" Banken angelegt.

Eine Verlängerung von Ewald Nowotny als Gouverneur würde, gerade in Krisenzeiten, Kontinuität signalisieren. Ihm wird allgemein bescheinigt, einen tadellosen Job zu machen. Laut Wiener Zeitung gibt es in Regierungskreisen (vor allem in der SPÖ) aber auch viele Stimmen für Gertrude Tumpel-Gugerell.

Ein Alters-Handicap wird dem amtierenden Generalratschef Claus Raidl zugeschrieben. Der allseits beliebte VP-nahe Ex-Stahlmanager wird im Herbst 70. Ob er bleibe, hänge vom politischen Gesamtpaket rund um die Notenbank-Personalien ab, heißt es in dem Zeitungsbericht. (APA, 30.5.2012)