Nach einem neunjährigen Gerichtsverfahren kam in Rumänien am Montag erstmals ein ehemaliger Minister ins Gefängnis. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte das Urteil von sieben Jahren Haft ohne Bewährung für den 53-jährigen Ioan Muresan, der 1998 bis 2000 Landwirtschaftsminister war. Als solcher hatte Muresan unter anderem Geldspenden aus den USA für angebliche Beratungsdienstleistungen durch eine zypriotische Offshorefirma zweckentfremdet.

Zudem hatte er durch die Unterzeichnung mehrerer Dokumente ermöglicht, dass 5000 Tonnen Speiseöl aus der Staatsreserve an eine Privatfirma übermittelt wurden - als Leihgabe, die jedoch nie zurückerstattet oder bezahlt wurde. Die Firma hatte die Kriterien für die Leihgabe, durch die die Staatsreserve um zehn Prozent verringert wurde, nicht erfüllt. Muresans Amtsmissbrauch verursachte Medienberichten zufolge einen Schaden von umgerechnet 660.000 Euro. Zwei der damaligen Ministeriumsangestellten wurden als Komplizen zu sieben beziehungsweise fünf Jahren Haft verurteilt.

"Schnaps und Würste"

Muresan steht zudem in einem weiteren Korruptionsverfahren, dem sogenannten "Fall Schnaps und Würste", vor Gericht. 2007 soll er bei korrupten Machenschaften zwischen dem Geschäftsmann Gheorghe Ciorba und dem damaligen Landwirtschaftsminister Decebal Traian Remes als Mittelsmann fungiert haben. Gegen eine Bestechung mit Schnaps und Würsten und 15.000 Euro sollten die Minister veranlassen, dass die Firma von Ciorbas Sohn öffentliche Ausschreibungen des Landwirtschaftsministeriums gewinnt. Muresan und Remes erhielten jeweils eine dreijährige Haftstrafe, gegen die sie Berufung eingelegt haben.

Neben Muresan und Remes drohen weiteren sieben ehemaligen Ministern in Rumänien Haftstrafen wegen Korruption. Der prominenteste Fall ist jener von Expremier und Außenministers Adrian Nastase von den Sozialdemokraten (PSD), der gemäß eines noch nicht rechtskräftigen Urteils wegen illegaler Wahlfinanzierung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde - er hatte die illegale Eintreibung seiner Wahlkampffinanzierung als Fortbildungsseminar "Exzellenztrophäe im Bauwesen" getarnt und vom Bauinspektorat organisieren lassen.

Im Berufungsverfahren gab es vergangene Woche einen Eklat, als das Bauinspektorat als geschädigte Partei die Schadenersatzforderung in Höhe von 1,6 Millionen Euro zurückzog. Der Anfang Mai ernannte neue Premier Victor Ponta (PSD), der innerhalb der Sozialdemokratischen Partei als Zögling und Vordermann Nastases gilt, hatte gleich in der ersten Sitzung das Bauinspektorat unter seine direkte Befehlsgewalt gestellt und deren Direktor durch den PSD-nahen Adrian Balaban-Grajdan ersetzt. Dieser hatte daraufhin beim OGH einen Antrag gestellt, die Beteiligung des Bauinspektorats am Prozess gegen Nastase einzustellen. Zwar wurde er daraufhin von Ponta entlassen, viele politische Beobachter werten die Vorfälle jedoch als vorsätzliches Manöver, um Nastase vor seinem Hafturteil zu bewahren. (Laura Balomiri, DER STANDARD, 30.5.2012)