Würzburg - Stammzellen gegen den Gelenkverschleiß: Um die Volkskrankheit Arthrose künftig besser behandeln zu können, wollen Würzburger Forscher erstmals in Deutschland mehreren Patienten körpereigene Stammzellen injizieren. "Wir haben die Hoffnung, dass damit die Arthrose zumindest aufgehalten wird", sagte Oberarzt Ulrich Nöth von der Orthopädischen Klinik der Universität Würzburg am Donnerstag. 

Jeder zweite Mensch über 45 Jahren leidet dem Experten zufolge unter Gelenkbeschwerden. Bei jedem dritten über 65-Jährigen lässt sich die Arthrose nachweisen. Das Forschungsprojekt wird von der Europäischen Union mit insgesamt zwölf Millionen Euro gefördert. In der ersten Phase der klinischen Prüfung entnehmen die Mediziner im Sommer neun Patienten mit stark verschlissenen Kniegelenken Stammzellen aus dem eigenen Fettgewebe am Bauch. Dieses wird im Labor vermehrt, aufbereitet und angereichert und schließlich ins Knie gespritzt. Die Stammzellen sollen dort dann entweder selbst Knorpelzellen bilden oder die körpereigenen Zellen dazu anregen. 

Keine größeren Risiken

Größere Risiken bestehen Nöth zufolge bei den ins Knie gespritzten Stammzellen nicht. Dass körpereigene adulte Zellen zu einer Tumorzelle mutieren können, sei bisher nicht nachgewiesen. "Im Idealfall hält das auf diese Art neu gebildete Gewebe ein Leben lang", sagte Heike Walles, Expertin für regenerative Medizin an der Uni Würzburg. 

Wissenschafter wollen künftig mit Stammzellen auch Krankheiten wie Diabetes, Osteoporose, Parkinson oder Alzheimer behandeln. Allen ist gemein, dass die aus körpereigenem Gewebe gewonnenen Zellen den Aufbau und die Aktivität der vorhandenen Zellen stützen oder ersetzen sollen. Experten warnen aber vor einer Euphorie. "Alle diese Forschungen haben ein großes Potenzial, aber sie sind noch in der Prüfung. Das heißt, es ist Zukunftsmusik", sagte der Präsident des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI), Klaus Cichutek.

Das Bundesinstitut für biomedizinische Arzneimittel prüft die Zulassung von Arzneimitteln und genehmigt klinische Studien. Der Würzburger Sicherheitsstudie hat das PEI bereits ihren Segen gegeben. Nun stehe noch das Einverständnis des Uni-Ethikrates aus, sagte Orthopäde Nöth. Sollte die Grundlagenforschung der Würzburger Uniklinik erfolgreich und Geld für weitere Studien vorhanden sein, könnte die Stammzellen-Spritze für die Behandlung von Arthrose in etwa fünf Jahren therapiefähig sein, schätzt Nöth. (APA, 29.5.2012)