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Berlin durfte auch seine Investmentfirma mitbringen.

Foto: APA/Eggenberger

Wien - Abseits des strafrechtlich Relevanten in der Causa Hypo Alpe Adria kommen beim Studium der Geschichte der Bank immer wieder Seltsamkeiten zutage; auch heute noch. Die Bestellung von Investmentbanker Tilo Berlin zum Vorstandsvorsitzenden (Juni 2007 bis Ende April 2009) könnte dazu zählen. Aus dem "Bayern-Gutachten" von Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner lässt sich nachvollziehen, wie Berlin es zum Bankchef brachte. Im Jänner 2007 machten sich die Personalberater von Spencer Stuart auf die Suche nach einem Nachfolger für Siegfried Grigg - Berlin fanden sie nicht, er wurde es trotzdem.

Berlin hatte von Beginn an beste Karten: Er war seit langem gut bekannt mit dem Chef der BayernLB (BLB), Werner Schmidt. Die BLB kaufte die Hypo im Mai 2007.

Schon am 15. Februar 2007, so sagte Grigg später im U-Ausschuss der Bayern aus, hatten Hypo- und BLB-Banker und Berlin zueinander gefunden. Schmidt und sein Vize tasteten an dem Tag "im Hause Berlin" auf dem Ulrichsberg mit Grigg eine gemeinsame Zukunft ab. Am Abend wurde es gemütlich. Berlin gab ein Dinner, zu dem auch Jörg Haider und Aufsichtsratschef Wolfgang Kulterer stießen. Schmidt kannte die Hypo ja schon gut, Bankchef Kulterer hatte ihn 2001 in aller Diskretion mit einem Beratungsmandat betraut.

26 Kandidaten - ohne Berlin

Wie auch immer, die Personalberater nannten am 14. März 2007 in einem " Statusbericht" 26 Kandidaten; Berlin war nicht darunter. Mit weiteren Interviews warteten sie jedoch "dem Wunsch Kulterers entsprechend" zu, " wir haben verstanden, dass diverse Entwicklungen im Gange sind, die diese Arbeit beeinflussen könnten", mailte ein Personalberater " strengstens vertraulich" an Othmar Ederer (Hypo-Aufsichtsratsvize) und Kulterer.

Am 26. April berichtete Kulterer dem Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten vom Statusbericht. Ein italienischer UniCredit-Banker sei "Vorstandskandidat ..., einziges Manko stellten die deutschen Sprachkenntnisse (sic) dar". Aus dem Statusbericht: "Deutsch - verhandlungssicher".

Warum Berlin kam, liest sich im Protokoll so: "Nach ausführlichen Diskussionen zwischen Ederer und Kulterer wurde auch die Frage evaluiert, Berlin anzusprechen." Warum? "Da dieser durchaus den Wunsch hat, seinen Hauptwohnsitz (von Hamburg; Anm.) wieder nach Kärnten zu verlegen". Er erfülle das Anforderungsprofil. Mit seiner Investmentfirma schloss eine Kooperation: "Um die Kunden von Berlin & Co ... näher an die Hypo-Group heranzuführen", wie man sagte.

Mit Berlins Bestellung war der Wunsch Schmidts erfüllt. Er hat seinen Finanzminister und Kontrollor Kurt Faltlhauser schon im Februar 2007 informiert: Er wolle Berlin. Falthauser hielt das für ein gute Idee, da " Dr. Berlin ein guter Banker ist, der auch noch vor Ort wohne und damit eine Mischung aus Ortsansässigkeit und Qualifikation darstelle". Das fand der U-Ausschuss in Bayern heraus.  (Renate Graber, DER STANDARD; 26.5./27.5.2012)