London - "Wenn nichts schiefgeht, werden wir bei den Arbeitern in Fukushima keine Todesfälle sehen", prophezeite der US-Strahlenmediziner Robert P. Gale vor einem Jahr im Gespräch mit dem STANDARD. Was viele für Beschwichtigung hielten, scheinen nun zwei Berichte von Uno-Organisationen zu bestätigen. Das Komitee zu den Auswirkungen atomarer Strahlung (UNSCEAR) resümiert, dass 167 AKW-Arbeiter Strahlendosen abbekamen, die nur zu einer leichten Erhöhung des Krebsrisikos führen.

Eine Erkrankung werde aber kaum auf den AKW-Unfall rückführbar sein. In einer WHO-Studie heißt es, dass im größten Teil der Präfektur Fukushima keine über dem Normalen liegenden Strahlenwerte festgestellt wurden. 

Vertrauen auf Daten aus Japan

Das grundsätzliche Problem bei dieser Einschätzung:  UNSCEAR hat kein Mandat, sprich, keine Erlaubnis, selbst Messungen durchzuführen. Die Organisation, der seit kurzem auch Weißrussland und die Ukraine als Mitglieder angehören, muss auf die Daten vertrauen, die ihnen aus Japan zur Verfügung gestellt werden. Da es sich dabei um "Tonnen von Material" handle, sei es für Bewertungen noch viel zu früh, hieß es. Es stehe ein langer Prozess bevor, schließlich sei der letzte Tschernobyl-Bericht auch erst im vergangenen Jahr veröffentlicht worden.

Fakt sei, dass die rund 20.000 Arbeiter, die im Zuge der Aufräumarbeiten im AKW Fukushima Daiichi tätig waren, am meisten belastet sind. Sechs sind sogar gestorben, was aber nicht mit der Verstrahlung zusammenhänge, so UNSCEAR-Vorsitzender Wolfgang Weiss. Während man sich auf die Werte verlasse, die am Festland gemessen worden sind, wäre das Vertrauen in die Informationen über die Belastung des Meerwassers allerdings enden wollend. (tasch/APA, DER STANDARD, 25.05.2012)