Brüssel - Regierungen, Notenbanken und Unternehmen befassen sich ernsthaft mit einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone und den Folgen für die Währungsunion. Eine Arbeitsgruppe der Euro-Länder forderte die Regierungen auf, nationale Notfallpläne für diesen Fall auszuarbeiten, wie aus mit dem Vorgang vertrauten Kreisen in Brüssel verlautete. Die Europäische Zentralbank (EZB) richtet einem Zeitungsbericht zufolge eigens einen Krisenstab ein. Auch die Wirtschaft macht sich Gedanken: Der deutsche Handelskonzern Metro spielt die Auswirkungen eines Euro-Austritts durch.

Jeder Euro-Staat müsse seinen eigenen Notfallplan vorbereiten, sagten drei Vertreter der Währungsunion am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Dies sei am Montag während einer Telefonkonferenz der Arbeitsgruppe, die aus Vertretern aller 17 Euro-Länder besteht und die Treffen der Finanzminister vorbereitet, verabredet worden. "Die Arbeitsgruppe vereinbarte, dass jedes Euro-Land einen Notfallplan vorbereiten sollte für die möglichen Folgen eines griechischen Abschieds vom Euro", sagte ein Vertreter. "Bisher wurde noch nichts vorbereitet auf Ebene der Euro-Zone, aus Angst, dass dies durchsickern könnte." Ein zweiter Vertreter bestätigte die Angaben. Frankreichs Präsident Francois Hollande sagte dagegen vor seiner Abreise zum abendlichen EU-Gipfel in Brüssel, er wisse nichts von solchen Plänen.

Arbeitsgruppe auch in der EZB

Auch die EZB wappnet sich gegen eine mögliche Eskalation in Griechenland. Nach einem Bericht der "Zeit" hat sie eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die vom deutschen Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen geleitet wird. Die Folgen einer Zuspitzung der Lage in Griechenland ist nach Einschätzung der Bundesbank für die anderen Euro-Länder in den Griff zu bekommen. Zwar "wären die Herausforderungen in diesem Fall erheblich, aber bei vorsichtigem Krisenmanagement beherrschbar", schrieb sie in ihrem Monatsbericht.

Die Angst der Investoren vor unkontrollierbaren Folgen eines Griechenland-Austritts drückte den Euro zeitweise auf den tiefsten Stand seit Sommer 2010. Dafür flüchteten die Anleger in deutsche Staatsanleihen, die als ausfallsicher gelten. "Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist in aller Munde", begründete ein Händler das Verhalten der Anleger. Dafür sorgte auch der frühere Ministerpräsident Lucas Papademos, der bis Anfang Mai die Athener Regierung führte. Er sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Dow Jones, dass er einen Austritt seines Landes für möglich halte. Griechenland habe keine andere Wahl als entweder an den schmerzhaften Sparprogramm festzuhalten oder sich für einen schädlichen Austritt aus der Euro-Zone zu entscheiden - ein Risiko, das zwar unwahrscheinlich sei, aber dennoch real, wird Papademos zitiert.

Metro spielt Scheitern durch

Der deutsche Handelskonzern Metro spielt angesichts der Schuldenkrise Szenarien eines Scheiterns der Gemeinschaftswährung durch. Metro habe Szenarien entwickelt, die einen Euro-Ausfall oder auch das Ausscheiden einzelner Länder abbildeten, sagte Finanzchef Mark Frese bei der Hauptversammlung in Düsseldorf. Details nannte der Manager nicht, entsprechende Nachfragen der Aktionäre gab es zunächst nicht.

Athener Finanzministerium dementiert

Griechenland hat bestritten, dass es in der Euro-Zone eine Absprache zur Vorbereitung von Notfallplänen für den Fall eines Austritts des hoch verschuldeten Staates aus der Währungsunion gibt. "Solche Berichte sind nicht nur falsch, sie behindern auch die Anstrengungen der Hellenischen Republik, die Herausforderungen zu diesem kritischen Zeitpunkt anzugehen", erklärte das Athener Finanzministerium am Mittwoch.

Im Finanzministerium in Wien werden keine Vorbereitungen für ein allfälliges Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone getroffen, sagte Sprecher Harald Waiglein am Abend. Im Ministerium seien auch keine Aufforderungen bekannt, sich auf dieses Szenario vorzubereiten. Österreich gehe weiter davon aus, dass Griechenland in der Eurozone bleibt und dass sich im Land die Einsicht durchsetzt, dass kein Weg am IWF-Programm vorbeiführt.

Frage der Verantwortung

Belgiens Finanzminister Steven Vanackere sagte dagegen, dass in der Euro-Zone sicherlich Planungen für den Fall eines Euro-Austritts Griechenlands liefen. Eine verantwortungsvolle Regierung müsse sich auch auf die Fälle vorbereiten, die sie unter allen Umständen vermeiden wolle.

Zuvor war aus mit dem Vorgang vertrauten Kreisen in Brüssel verlautet, dass die Arbeitsgruppe der Euro-Länder die einzelnen Regierungen aufgefordert habe, nationale Notfallpläne für den Fall eines Austritts auszuarbeiten. Dies sei am Montag während einer Telefonkonferenz der Arbeitsgruppe verabredet worden, die aus Vertretern aller 17 Euro-Länder besteht und die Treffen der Finanzminister vorbereitet. (APA/Reuters, 23.5.2012)