Düsseldorf - Der deutsche Energiekonzern RWE macht sich für die abgespeckte Version der länderübergreifenden Gaspipeline Nabucco stark. "Wir stehen voll und ganz hinter dem Angebot für Nabucco West, das das Nabucco-Konsortium in der vergangenen Woche abgegeben hat", sagte Strategievorstand Leonhard Birnbaum in einen Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Das Konsortium hat sich dafür entschieden, da es zu diesem Zeitpunkt die besten Aussichten hat." Die Entscheidung der Partner, zu denen auch die OMV gehört, sei einstimmig gewesen.

Nach der verkürzten Variante soll die Pipeline von Österreich bis zur türkisch-bulgarischen Grenze reichen. In der ursprünglichen Version wäre sie noch weiter bis zur Region um das Kaspische Meer verlaufen. Aserbaidschan und die Türkei hatten allerdings inzwischen beschlossen, dieses Stück durch eine eigene Röhre, die Tanap, zu erschließen. Danach könnte Gas aus Aserbaidschan über die Tanap weiter zur Nabucco-Pipeline strömen. "Ob es zu einem Zuschlag kommt, hängt auch davon ab, wie sich die Tanap-Pläne weiter entwickeln", sagte Birnbaum. Es geben weiter mehrere Möglichkeiten. "Auch die längere, ursprüngliche Variante, ist noch möglich."

Billiger für Partner

Die Nabucco-Partner würden durch die verkürzte Pipeline billiger davon kommen. Sie wäre nur rund 1.300 Kilometer lang, während die ursprüngliche Röhre 3.300 Kilometer lang geplant war. Die Kosten für Nabucco waren vor Jahren auf 7,9 Mrd. Euro beziffert worden, Schätzungen ging inzwischen von bis zu 14 Mrd. Euro aus. "Eine kürzere Variante würde naturgemäß günstiger", sagte auch Birnbaum. Zur Gesamthöhe äußerte er sich nicht. "Welchen Kapitaleinsatz das am Ende erfordert, hängt auch von der Finanzierungsstruktur ab."

Die Planungen für die Nabucco-Pipeline waren mehrfach verschoben worden. Nach dem ungarischen Partner MOL hatte auch RWE sein Engagement zuletzt infrage gestellt. Die klaren Worte Birnbaums zu "Nabucco West" sind daher wohl auch gegen etwaige Zweifel an dem Engagement von RWE gerichtet. Zu den Partnern bei dem Projekt gehören auch die türkische Botas, BEH aus Bulgarien und die rumänische Transgaz. Der süddeutscher Versorger Bayerngas prüft einen Einstieg. "Ich halte Nabucco für das wahrscheinlichste Projekt." Ungeklärt ist weiterhin, wo das Gas herkommen soll. Die Nabucco-Partner haben sich bei den Betreibern des Gas-Felds Shah Deniz in Aserbaidschan beworben. "Eine endgültige Entscheidung wird es wohl eher 2013 als 2012 geben", sagte Birnbaum. Betreiber des Gasfelds sind BP, die norwegische Statoil und die staatliche aserbaidschanische Ölfirma SOCAR.

"Das Gas aus Nabucco wird in Europa weiter gebraucht", betonte der RWE-Manager. Zwar sinke durch die zunehmende Energieeffizienz im Wärmebereich tendenziell der Gasbedarf. "Die inner-europäische Produktion sinkt aber noch schneller." (APA/Reuters, 23.5.2012)