Kinixys zombensis dürfte eine eigene Spezies sein - einst wurde sie als "lebende Konservendose" in Madagaskar eingeführt.

Foto: James Harvey

Frankfurt - Von einer anstehenden Erweiterung des Schildkröten-Stammbaums berichtet das Senckenberg Forschungsinstitut: Wissenschafter des Instituts haben gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam zwei bislang nicht als solche erkannte Arten der afrikanischen Gelenkschildkröte identifiziert. Die zugehörige Studie ist kürzlich im Fachjournal "Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research" erschienen.

"Die Abgrenzung der Arten- und Unterarten der Gelenkschildkröten war in den letzten 50 Jahren immer wieder in der Diskussion und wurde häufig geändert", erklärt die Erstautorin der Studie, Carolin Kindler. "Wir haben deshalb erstmals alle anerkannten Gelenkschildkröten-Arten untersucht und Teile des Erbguts bestimmt." Dabei wurden die Forscher überrascht: Eine bisher anerkannte Art, die Glattrand-Gelenkschildkröte (Kinixys belliana), entpuppte sich als Konglomerat dreier vollkommen unterschiedlicher genetischer Linien. "Wir gehen davon aus, dass es sich hier um drei verschiedene Arten handelt und dass die Artenliste der Gelenkschildkröten um zwei Namen erweitert werden muss", erläutert Uwe Fritz, Leiter des Museums für Tierkunde an den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen, die Ergebnisse.

Schutzpanzer hilft nicht gegen zweibeinige Räuber

317 Schildkrötenarten - nach alter Zählung - sind bis dato bekannt, sechs davon gehören zu den in ganz Ostafrika verbreiteten Gelenkschildkröten (Kinixys). Aufgrund eines Scharniers im Rückenpanzer können die Tiere dieser Gattung den hinteren Teil ihres Panzers verschließen und damit sowohl ihren Schwanz als auch die hinteren Gliedmaßen schützen. Doch trotz dieses ausgeklügelten Schutzmechanismus sind sie gefährdet - wie viele andere Landschildkröten dienen auch Gelenkschildkröten in einigen Gegenden als Nahrungsmittel und werden für den Tierhandel gefangen.

Paradoxerweise dürfte dies aber auch dazu beigetragen haben, ihr Verbreitungsgebiet zumindest in einem Fall vergrößert zu haben: Die Forscher schließen aus ihren Analysen, dass die Glattrand-Gelenkschildkröten der Insel Madagaskar ursprünglich vom afrikanischen Festland stammen, da sie sich genetisch kaum von afrikanischen Artgenossen unterscheiden. "Wir glauben, dass die Gelenkschildkröte vom Menschen nach Madagaskar eingeführt wurde. Wahrscheinlich wurden die Tiere als Reiseproviant, quasi als 'lebende Konservendosen' für die Seereise von den ersten Siedlern nach Madagaskar mitgebracht. Übrig gebliebene Tiere wurden dann nach der Ankunft freigelassen." (red, derStandard.at, 23.5.2012)