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Alexis Tsipras tourt durch Europa.

Foto: REUTERS/Tobias Schwarz

Berlin - Der Chef der griechischen Radikallinken, Alexis Tsipras, hat sich für den Verbleib Athens in der Euro-Zone und eine gemeinsame europäische Lösung der Schuldenkrise ausgesprochen. Es sei ein auswegloser Weg, die Krise geografisch einzuschränken und zu versuchen, ein Volk zu vernichten, warnte Tsipras am Dienstag in Berlin. "Wir bitten um die Solidarität der Völker in Deutschland und Frankreich." Erpressung sei der falsche Weg, sagte er nach einem Treffen mit der Spitze der deutschen Linkspartei.

Tsipras betonte, auch seine Partei sei für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. "Wir wollen nicht die Zerstörung Europas." Sie sei eine "tief europafreundliche" Kraft. Die Wahl am 17. Juni bedeute nicht den Austritt des Landes, sondern eine neue Chance, um die Gemeinschaftswährung zu retten. Athen sei aber nicht Mieter im Euro-Raum, sondern gleichberechtigter Partner.

SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel erinnerte Tsipras an die Verpflichtungen Griechenlands gegenüber der EU. Zwar sei die Entscheidung über den Verbleib im Euro-Raum alleinige Sache der Griechen, sagte Gabriel am Dienstag in Berlin bei einem Treffen mit Tsipras. "Wer auch immer die nächste griechische Regierung stellt, muss aber wissen, dass getroffene Vereinbarungen einzuhalten sind", betonte der SPD-Chef. "Niemand darf erwarten, dass Deutschland und die europäischen Geberländer zu ihren finanziellen Zusagen stehen, wenn eine neue griechische Regierung dazu nicht bereit ist."

Gegenleistungen

Das Spar- und Reformprogramm als Gegenleistung für die Milliardenhilfen der internationalen Partner nannte Tsipras "vollständig ineffizient". Das Land befinde sich im fünften Jahr in Folge in einer Rezession. Deutsche Steuerzahler steckten ihr Geld in ein Fass ohne Boden, mit dem in Wirklichkeit Banken finanziert würden. Nach einem Wahlsieg will auch Tsipras das Steuersystem reformieren und Verwaltungsstrukturen verbessern. Konkrete Sparvorschläge machte er allerdings erneut nicht.

Ohne Kurskorrektur sei in wenigen Monaten ein drittes Hilfsprogramm für Athen erforderlich. Mit Blick auf den bevorstehenden EU-Gipfel sagte Tsipras, er habe die Hoffnung, dass Menschen ihre Fehler einsehen und ändern. Das Ende des deutsch-französischen Tandems von Kanzlerin Angela Merkel und dem früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy ("Merkozy") sei eine neue Chance, um eine faire und gangbare Lösung zu finden.

Zweitstärkste Kraft

Das Bündnis SYRIZA unter Führung des 37-Jährigen war zweitstärkste Kraft bei den Wahlen am 6. Mai - hinter der konservativen Nea Dimokratia. Nach der fehlgeschlagenen Regierungsbildung müssen die Griechen am 17. Juni erneut wählen. Umfragen deuten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Konservativen und Linksradikalen hin. Einige Demoskopen sagen SYRIZA einen Sieg voraus.

Die deutsche Schwesterpartei ist die einzige Partei im Bundestag, die die Sparauflagen für die Griechen vehement ablehnt. Auch bestärkt die Linkspartei Tsipras darin, nach einem Sieg bei der kommenden Wahl in Athen weiter Widerstand gegen die Forderungen der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu leisten.

Der Chef der Linkspartei, Klaus Ernst, sagte, es müsse aufgeräumt werden mit dem Märchen, die Menschen in Griechenland lebten über ihre Verhältnisse: "In Griechenland hat eine Handvoll Millionäre über die Verhältnisse gelebt." Auch der neue französische Präsident François Hollande habe Positionen der Linken übernommen.

Fraktionschef Gregor Gysi forderte, Griechenland benötige ein Signal der Hoffnung und keine Drohung eines Ausschlusses aus der Euro-Zone. Er erwarte vom EU-Sondergipfel die "glasklare Botschaft, dass Griechenland im Euro-Verbund bleibe und dem Land geholfen werde: "Die massenhafte Verelendung ist nicht länger hinnehmbar." (APA, 22.5.2012)