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Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch (MUVS) thematisiert den Kampf der Frauen und Männer um ein unbeschwertes Sexualleben - ohne Schwangerschaftsrisiko, aber auch die erstaunliche Bandbreite phantasievoller Verhütungs- und Abtreibungsmittel. Seit der Eröffnung im März 2007 wurden fast 20.000 BesucherInnen gezählt.

Für Junge besonders interessant

Von GymnasiastInnen, BerufsschülerInnen über Lehrlinge hin zu WissenschaftlerInnen, GynäkologInnen, Hebammen oder VereinsausflüglerInnen reicht das InteressentInnenspektrum. Das Durchschnittsalter der BesucherInnen liegt deutlich unter zwanzig Jahren. Im Rahmen der einfühlsamen Museumsführungen würden sich gerade die Heranwachsenden oft ihre intimen Verhütungsnöte von der Seele reden oder erführen erstmals kompetente und sachliche Aufklärung, so der Gründer Christian Fiala. Er betont auch das weltweite Alleinstellungsmerkmal seines Museums: "Zum ersten Mal wird die Geschichte der Verhütung wissenschaftlich und umfassend aufgearbeitet."

Zu besichtigen ist etwa das Femidom, das beim Verkehr quietscht, oder der Penisstöpsel zum Einführen in die männliche Harnröhre. Auch Kondome vielfältiger Machart werden präsentiert: etwa aus feinem Schafsdarm oder Fischblasen.

Diskussionen dauern bis heute an

Thematisiert wird auch das Leid der Frauen, die, nachdem sie sich bei einer Engelmacherin auf den Küchentisch gelegt hatten, oft qualvoll verstarben. Noch im Januar 1945 wurde in Wien an einer jener Engelmacherinnen die Todesstrafe vollstreckt. Durchschnittlich 15 Schwangerschaften pro Frauenleben waren in früheren Jahren "natürlich" - eine völlige Überforderung für die weibliche Gesundheit ebenso wie für das wirtschaftliche Überleben einer Familie, früher wie heute. "Unser Museum zeigt die jahrhundertelangen Bemühungen der Menschheit nach Sex ohne ungewollter Schwangerschaft und die damit einhergehenden gesellschaftspolitischen Diskussionen, die bis heute andauern", führt Gynäkologe Fiala aus.

Online-Rundgänge

Auf der Homepage können UserInnen auf alle Objekte, Publikationen, Filme und Beschreibungen kostenlos zugreifen. Täglich rufen rund 900 BesucherInnen der MUVS-Seite Informationen aus den Datenbanken ab. Der stark ausgebaute online-Auftritt zeigt z.b. Videos eines Arztes, der noch "Froschtests" durchführte: einem lebenden Krallenfrosch wurde Harn der vermutlich schwangeren Frau unter die Haut gespritzt. Etwa drei Stunden später wurde Flüssigkeit aus dem Genitaltrakt entnommen und analysiert: waren Spermien nachweisbar, so war die Frau schwanger. Das war bis Mitte der 60er Jahre die einzig verlässliche Form des Schwangerschaftstests.

Knaus-Dokumentationsarchiv

Das Museum beherbergt auch das umfangreichste Knaus-Dokumentationsarchiv weltweit: das ist jener österreichische Arzt, der erstmals den weiblichen Zyklus und Eisprung richtig beschrieben hat, zeitgleich mit dem Japaner Ogino. Ebenso liegen umfangreiche Dokumentationen der österreichischen Ärzte Otto Ottfried Fellner und Ludwig Haberlandt vor, die mit ihren Grundlagenforschungen die Erfindung der Pille ermöglichten. An wichtigen Themen mangelt es nicht, dafür aber an Platz und Geld: Derzeit sind Schausammlung, Archiv und Bibliothek auf achtzig Quadratmetern in der Nähe des Wiener Westbahnhofs zusammengedrängt. Schulklassen müssen häufig geteilt werden, weil der Platz für so viele BesucherInnen nicht ausreicht.

Finanzministerium verweigert Spendenabsetzbarkeit

Schulbehörden, die Stadt Wien oder andere öffentliche Stellen nutzen das Museum zwar gerne für Unterrichts- und Ausbildungszwecke, fühlten sich aber für dessen Finanzierung nicht zuständig, kritisiert Fiala. Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden wurde dem Museum zwar vom Bildungsministerium zuerkannt, jedoch verweigerte das Finanzministerium die Umsetzung. Der damalige Finanzminister Molterer begründete dies in einer parlamentarischen Anfrage so: "Es stellen die in dem Museum ausgestellten Objekte nach Einschätzung des Bundesministeriums für Finanzen keine Sammlungsgegenstände dar, die in geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Hinsicht von gesamtösterreichischer Bedeutung sind", erinnert sich der Museumsgründer.

Auszeichnungen

Das sehe die europäische Museumsfachwelt jedenfalls anders, betont er: "So wurde dem MUVS etwa der 'Kenneth Hudson Preis' des 'European Museum Forum' verliehen, für 'den außerordentlichen Erfolg, die Inhalte und Werte der Öffentlichkeit zu vermitteln'. Auch auf der internationalen Fachmesse für Museen 'Exponatec 2011' wurde das MUVS eingeladen und der Fachwelt als beispielhaft präsentiert." (red, 22.5.2012)