Wien - Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) rechnet nicht damit, dass der Fiskalpakt, der die EU-Staaten zum Sparen und Abbauen von Schulden zwingen soll, noch vor dem Sommer vom Nationalrat abgesegnet wird. Es sei noch kein Termin anberaumt, damit sich der dafür zuständige Verfassungsausschuss mit der Materie beschäftigt, erklärt Prammer. Und die Nationalratspräsidentin plädiert außerdem dafür, nun "die Entscheidungen auf europäischer Ebene abzuwarten".

Hintergrund: Frankreichs neuer Präsident François Hollande stellt den Pakt offen infrage - und auch in Deutschland gilt die nötige Zweidrittelmehrheit dafür als gefährdet. Prammer zum Standard: Vorher mache es für Österreich "keinen Sinn", den Fiskalpakt zu ratifizieren.

Die mögliche Verschiebung des Beschlusses birgt Brisanz: Denn während die ÖVP am Fiskalpakt eisern festhält, mehren sich in der SPÖ zusehends die Stimmen dagegen. Am Montag mobilisierte die SPÖ Oberösterreich erneut gegen den Pakt. Dieser sorge für zu wenig Wachstum und Beschäftigung, habe neoliberale Züge, monierte deren Chef Josef Ackerl - und die Regierung solle mit Frankreich Überzeugungsarbeit in Richtung Deutschland leisten. Österreich habe keine Eile mit der Beschlussfassung.

Fatales Signal

Auch die Grünen protestieren gegen den Fiskalpakt, der auf Hollandes Intervention jetzt durch ein Wachstumspaket beim EU-Gipfel am 28. und 29. Juni in Brüssel ergänzt werden soll. Doch für Österreichs Ratifikation ist - anders als in Deutschland - keine Zweidrittelmehrheit nötig.

Stellvertretend für die ÖVP redeten am Montag Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung, und dessen Generalsekretär Christoph Neumayr dem Fiskalpakt das Wort. "Das Aufschnüren wäre ein fatales Signal", warnten sie - und betonten: Haushaltsdisziplin und Wachstum wären keine Gegensätze. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 22.5.2012)