Loreen bekommt Fotos präsentiert. Darunter auch die Häuserzerstörungen und Zwangsräumungen, damit die Crystal Hall gebaut werden konnte.

Foto: Marco Schreuder

Rasul Jafarow, Organisator von "Sing for Democracy" führt Loreen durch eine Ausstellungen mit Fotografien, die Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan dokumentieren.

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Im Gespräch mit Loreen.

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Ausgelassen feierten rund hundert Menschen im Lokal "Marshalls“ im Herzen Bakus ihr Fest "Sing for Democracy". Die internationalen Medien sorgten für Berichterstattung rund um den Globus, und gleichzeitig dienten sie als Art Schutzschild. Polizei war zumindest nicht sichtbar.

Dass die Polizei jedoch auch in Zivil plötzlich und unerwartet auftauchen kann, mussten rund hundert DemonstrantInnen heute morgen in Baku erleben. Sie wurden von der Polizei eingekesselt, manche verprügelt und rund 18 Personen verhaftet. Sie kamen kurz darauf wieder frei.

Loreen besucht MenschenrechtsaktivistInnen

Die Video der Verhaftungen – darunter zu sehen wie junge Frauen brutal in einen Bus verfrachtet werden – sah heute auch Loreen, die schwedische Teilnehmerin beim Eurovision Song Contest. Ihr Beitrag "Euphoria" ist ein Topfavorit für den diesjährigen Sieg. Das Lied ist bereits Top 10 in vielen europäischen Charts.

Sie war bestürzt über die Bilder, die sie heute zu sehen bekam und flüsterte immer wieder "Unbelievable". Dabei war es keine Idee von PR-Spin-Doktoren, als sie heute das Büro der Menschenrechtsgruppen Bakus besuchte. "Es war ausdrücklich ihr persönlicher Wunsch", wie mir eine Managerin Loreens erzählte. Und ein schwedischer Journalist flüsterte mir zu: "In den schwedischen Medien geht es immer nur um den Sieg beim ESC. Wir sind da immer sehr ambitioniert. Dass Loreen jetzt ein anderes Thema, als immer nur ihr Lied und die Siegeschancen, aufmacht ist großartig. Damit hätte ich nicht gerechnet."

"Eure Arbeit ist viel wichtiger, als das was ich tue", sagte Loreen gleich zu Beginn. Sie bat die NGOs übrigens nicht zu sich, sondern musste durch einen schmutzigen und nassen Innenhof gehen, um das Büro zu erreichen. Eineinhalb Stunden nahm sie sich Zeit und beeindruckte alle mit unzähligen Fragen. Ihre Bestürzung war aufrecht. Das konnten alle spüren. Sie erklärte auch warum: "Ich bin marokkanische Migrantin in Schweden. Ich weiß, was es heißt, wenn Frauen unterdrückt werden. Daher kann ich euch fühlen."

Facebook-Fans machten Loreen aufmerksam

Im Anschluss hatte ich die Gelegenheit ein bisschen mit Loreen zu reden. Sie erzählte mir, dass es ihre eigenen Facebook-Fans waren, die auf ihrer Seite Videos posteten und sie auf das Thema aufmerksam machten. Sie schaute sich die Beiträge an und wollte sofort die "Sing for Democracy"-NGOs treffen. Ob sie denn nun auch andere MitberwerberInnen animieren möchte, es ihr gleichzutun, fragte ich sie. "Ich werde niemanden zwingen. Aber nachdrücklich darum bitten. Vielleicht inspiriere ich sie ja", antwortete sie.

Denn bislang ist Loreen die Einzige von 42 TeilnehmerInnen beim diesjährigen Song Contest, die der Bitte der MenschenrechtsaktivistInnen Aserbaidschans sich doch des Themas anzunehmen, nachkam. Auch die Trackshittaz haben sich bisher noch nicht dazu geäußert. (Marco Schreuder, derStandard.at, 21.5.2012)