Wien - In der Causa Gelddruckerei (OeBS) der Oesterreichischen Nationalbank, in der die Justiz dem Verdacht auf Schmiergeldzahlungen über rund 16 Mio. Euro für Geschäfte in Aserbaidschan und Syrien nachgeht, lässt die Staatsanwaltschaft nun Konten öffnen. In erster Linie geht es um die Bankverbindungen der beschuldigten Ex-OeBS-Manager, der beiden involvierten Anwälte und des Agenten N. S. Er war für Gelddruckerei und Münze Österreich AG im arabischen Raum tätig "und erhielt dafür ein monatliches Entgelt von 6500 Euro - für derzeit noch nicht nachvollziehbare Leistungen", heißt es in der "Anordnung zur Auskunftserteilung" des Staatsanwalts an die Bankenverbände.

Aus selbiger erschließt sich, dass die Justiz auch den Verdacht auf Rückflüsse ("Kick-backs") prüft. Von den bereits bekannten Konten des Anwalts K. A. und der panamesischen Briefkastenfirma Venkoy wurden ja Millionen in bar behoben. Kurz zur Erinnerung: Über Venkoy flossen von 2005 bis 2011 rund 16 Mio. Euro an "hohe Entscheidungsträger" für aserische und syrische Aufträge. Die OeBS-Manager schlugen 20 Prozent (14 Prozent in Syrien) auf die Preise für die Banknoten auf und ließen die auf Venkoy-Konten überweisen. "Zur Verschleierung der Zahlungshintergründe wurden rückdatierte Verträge geschlossen", so die Justiz.

Verdacht auf Kick-backs

Die beschuldigte Ex-OeBS-Managerin (laut Polizeibericht "gab sie ausführlich bekannt, wie es zu den Bestechungen kam und wie sie daran beteiligt war") sagte aus, sie habe das Geld sofort in bar an Diplomaten und hohe Entscheidungsträger aus Aserbaidschan und Syrien übergeben; oft in Plastiksackerln verstaut. Da "hierfür naturgemäß kein Nachweis existiert, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Teile der ... Beträge auch an die handelnden Personen in der OeBS zurückgeflossen sind", schreibt der Staatsanwalt. Anwalt A., der für seine Dienste kassierte, hat inzwischen Selbstanzeige bei der Finanz erstattet.

Als Beschuldigte werden auch alle OeBS-Aufsichtsratsmitglieder unter OeNB-Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek geführt; die Ermittlungen gegen die Kontrollore OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny und Direktoriumsmitglied Peter Zöllner wurden aber bereits eingestellt. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Exmanager der Gelddruckerei belasten auch Aufsichtsratsmitglieder. Ex-OeBS-Chef Michael Wolf etwa sagte aus, es habe "vor jeder Aufsichtsratssitzung Vorbesprechungen mit Duchatczek" gegeben, dabei sei es um die "laufenden Aufträge mit der Angabe der Provisionshöhe" gegangen. Duchatczek habe "nie dezidiert gefragt, welche Leistungen hinter den Provisionszahlungen stehen. Wie wir die 20 Prozent kalkulieren, hat er schon gefragt. Wir haben gesagt, dass wir die auf den kalkulierten Preis aufschlagen. Er hat nie gefragt, ob - und wenn ja, warum - die Aseris diesen Preis akzeptieren."

Er, Wolf, habe daraus geschlossen, dass sein Duzfreund "von den Zahlungen an die Entscheidungsträger wusste, das jedoch nicht ansprechen wollte, weil es ein Tabuthema war". Und, so will er sich an ein Gespräch mit dem OeBS-Präsidenten zur Frage nach den Zahlungsempfängern erinnern: "Ich habe geantwortet: Meiner Vermutung nach fließen die Gelder in Richtung der Kunden, aber Namen kann ich keine nennen, weil ich keine wusste. Das Wort Bestechung ist nie gefallen."

Präsident wehrt sich

Der dermaßen Belastete weist die Vorwürfe zurück. Duchatczek berief sich vor der Justiz darauf, nicht ins operative Geschäft involviert zu sein. Die Gelddruckerei-Chefs hätten dem Aufsichtsrat berichtet, die Provisionen "seien aufgrund von Vertriebsleistungen an Vertreter vor Ort bezahlt worden".

Später wurden die Provisionen der Aseris halbiert - dafür regnete es, wie berichtet, Präsente, vom Stringtanga über die Duschkabine bis zum Potenzmittel. Aus der Aussage der OeBS-Mitarbeiterin: "Die Aseris waren mit der Kürzung auf zehn Prozent einverstanden, im Gegenzug wurden aber ... Geschenke im Gesamtwert von ca. 600.000 Euro ... übergeben."

Zum Thema Geschenke musste Ex-OeBS-Chef Wolf, der als pensionierter Leiter des OeNB-Rechnungswesens in die Gelddruckerei kam, auch gegenüber seinem Exarbeitgeber Rede und Antwort stehen. Die OeNB (sie hat die Affäre angezeigt) hat ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet, das mit der "Minderung" seiner OeNB-Pension enden könnte. Frage des Untersuchungskommissärs an Wolf: "Hatten Sie keine Zweifel, dass Geschenke wie Medikamente, Bekleidung, Lebensmittel ... den Rahmen einer ordnungsgemäßen Unternehmensgebarung sprengen ...?" Antwort Wolfs: "Die Auswahl der Geschenke ist immer durch Frau ... erfolgt und war spezifisch auf den Bedarf des Beschenkten ausgerichtet. Die Geschenke ... waren verhältnismäßig ... und notwendig, um den Geschäftsabschluss zu erreichen. Stichprobenweise wurde von mir ... auch überprüft, ob die Geschenke den ... Adressaten auch tatsächlich erreicht haben." (Renate Graber, DER STANDARD; 19./20.5.2012)