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Ende einer Polit-Ära: Umberto Bossi.

Foto: Reuters/Garofalo

Für Umberto Bossi bedeutet es das ruhmlose Ende einer langen Politkarriere: Die italienische Staatsanwaltschaft hat gegen den Gründer der Lega Nord ein Ermittlungsverfahren wegen Veruntreuung eingeleitet. Ermittelt wird auch gegen den Gruppensprecher im Senat, Piergiorgio Stiffoni, der Fraktionsgelder unterschlagen haben soll. Stiffoni wurde wie Schatzmeister Francesco Belsito bereits aus der Partei ausgeschlossen.

Bossis Söhne Riccardo und Renzo sollen aus der Lega-Kasse zehntausende Euro für den persönlichen Bedarf erhalten haben. Für Renzo, der kürzlich als Regionalratsabgeordneter der Lombardei zurückgetreten ist, wurde in Albanien eine gefälschte Promotionsurkunde gekauft.

Für viele Lega-Anhänger, die Umberto Bossi bisher fast abgöttisch verehrten, bricht eine Welt zusammen. Bisher hatten sie sich mit der Vorstellung getröstet, Bossi habe von der Veruntreuung nichts gewusst. Nach Überzeugung der Staatsanwälte hat der Parteichef aber den Missbrauch von 18 Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung persönlich abgesegnet. Roberto Maroni, Bossis wahrscheinlicher Nachfolger, hat vorgeschlagen, die Lega solle nicht mehr fürs römische Parlament kandidieren, sondern sich ihrer Aufgabe als Regionalpartei widmen.

Zwei Tage vor den Stichwahlen in wichtigen Städten geben Italiens Parteien ein klägliches Bild ab: Der Schatzmeister der linkskatholischen Margherita, Luigi Lusi, hat einem parlamentarischen U-Ausschuss gestanden, Gelder an Roms Ex-Bürgermeister Francesco Rutelli, Ex-Innenminister Enzo Bianco und den Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, verteilt zu haben. Alle drei haben die Anschuldigungen zurückgewiesen und mit Klage gedroht.

Lusi hat insgesamt 25 Millionen aus der Parteikasse veruntreut, befindet sich aber auf freiem Fuß.

Die in Italien notorisch zerstrittenen Parteien können sich bisher weder auf eine Reform der staatlichen Parteienfinanzierung einigen noch auf ein neues Wahlgesetz. Einig sind sie sich bloß in einem einzigen Punkt: möglichst schnell an die Macht zurückzukehren. (Gerhard Mumelter aus Rom /DER STANDARD, 19.5.2012)