Grafik: Der STANDARD

Der steigende Meeresspiegel im Pazifik bedroht die Existenz der kleinen Nation Kiribati. Immer mehr Bewohner des aus 32 tiefliegenden Koralleninseln bestehenden Landes müssen ihre Häuser aufgeben, weil ihnen das Meerwasser buchstäblich ins Wohnzimmer schwappt. Im Süßwasser, das unter einigen Inseln liegt, steigt der Salzgehalt. Früchte in den Gärten sterben ab, weil die Wurzeln der Pflanzen mit Meerwasser in Kontakt kommen. Einige der Inseln liegen nur wenige Zentimeter über dem Meeresspiegel.

Wie der Präsident von Kiribati, Anote Tong, jüngst bekanntgab, verhandelt er mit der Regierung des Nachbarlandes Fidschi über die Möglichkeit einer Umsiedelung der rund 100.000 Bewohner bis 2050. Tong erwägt den Kauf von 2000 Hektar Land. Die Migration würde langsam erfolgen. "Wir wollen nicht, dass auf einen Schlag 100.000 Menschen aus Kiribati umziehen", sagt Tong. Als Erstes würden ausgebildete Arbeiter umgesiedelt. "Sie müssen Arbeit finden, damit sie von der Bevölkerung nicht als Flüchtlinge gesehen werden."

Die meisten Wissenschafter sehen in den weltweit steigenden Meeresspiegeln eine Folge des Klimawandels. Neben Kiribati droht mehreren anderen Pazifiknationen, vom steigenden Wasser teilweise überflutet zu werden - etwa Vanuatu, Niue, Teilen der Salomoneninseln und Papua Neuguineas. Tong fordert seit Jahren von der internationalen Gemeinschaft ein Rettungspaket für die betroffenen Länder. Westliche Regierungen haben bisher aber wenig unternommen. Australien, das als weltweit führender Kohleexporteur wesentlich zur globalen Klimaveränderung beiträgt, weigert sich bisher strikt, den Begriff " Klimaflüchtling" anzuerkennen.

Im letzten Jahr hatte Anote Tong auf seiner zunehmend verzweifelten Suche nach einer neuen Heimat für die Menschen von Kiribati vorgeschlagen, im Pazifik riesige künstliche Inseln zu bauen. (Urs Wälterlin aus Sydney/DER STANDARD, 18.5. 2012)