Bald schon Vergangenheit?

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"Blender-Fotos" Art Gallery

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Ob ein Foto echt ist oder künstlich hergestellt wurde, ist in vielen Fällen nicht mehr nachvollziehbar. Sogar Anfänger könnten mit einem Open-Source Programm wie Blender auf einfache Art und Weise einem Foto identisch nachempfundene Bilder erzeugen, die sich in Textur, Belichtung und Schattierung kaum noch von der Realität unterscheiden, schreibt Mark Meyer in seinem Fotografie-Blog. Und die Herstellung dieser Bilder bietet im Gegensatz zur Fotografie auch erhebliche Vorteile: Sie ist unabhängig von der Auflösung und jedes kleine Detail lässt sich bearbeiten. Sie ist unabhängig von Räumlichkeiten und vor allem von teuren Geräten. Lediglich der Bezug zur Wirklichkeit fehlt. 

Verschmelzung von Fotografie und Software

Der Realismus, den die Fotografie lange Zeit für sich beansprucht hat, ist nicht mehr länger in der Hand von Menschen, die mit einer Kamera ausgestattet sind. Auch wenn Fotografie mehr ist als nur die Abbildung der Realität, weil sie Emotionen aus der realen Welt transportiert, ist die künstliche Nachahmung so nahe an dieser Realität wie nie zuvor. Fotografen verwenden bereits seit geraumer Zeit Bildbearbeitungsprogramme, um ihre Fotos zu verbessern oder sie wie 3D-Modelle wirken zu lassen.

Computergenerierte Bilder bedienen sich hingegen jener Bildbearbeitung, die Bilder wie zufällige Schnappschüsse aussehen lässt. Beim einen wird Rauschen entfernt, beim anderen hinzugefügt. Das billigere Werkzeug, um Realismus zu produzieren, ist zum jetzigen Zeitpunkt immer noch die Kamera, sei es Autowerbung oder Kinoproduktion. Zunehmend verschmelzen diese zwei Arten der Bilderzeugung aber, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Software den Platz der Fotografie vollständig eingenommen hat. 

Fotografie in der Berichterstattung bleibt

Wenn das gewünschte Bild auch nicht aus der Realität, sondern fiktiv sein soll, ist Software mittlerweile der bessere Weg. Und bald wird es auch der günstigere und schnellere Weg sein. Besonders in Branchen wie der Modeindustrie, in der Models ohnehin schon stark bearbeitet werden, wäre eine Umstellung auf softwaregenerierte Modelle denkbar. Teure Studios und Lichtanlagen könnten somit bald der Vergangenheit angehören, wenn die Generierung eines Bildes für einen Bruchteil des Geldes erreicht werden könnte.

Das einzige Feld, in dem sich die Fotografie noch länger behaupten wird können, ist die klassische Berichterstattung. Bilder von Kriegen und anderen Schauplätzen haben Bezug zur Wirklichkeit und sind Zeugen von Geschehnissen. Über die Echtheit von Produktfotos wird sich kaum jemand beschweren, wohingegen die künstliche Darstellung von Krisengebieten dem Rezipienten missfallen würde. (iw, derStandard.at, 16.5.2012)