Nobelpreisträger posieren mit ihren Zeichnungen: Der Genetiker Martin Evans (li.) hält sein Porträt der Knockout-Maus in die Höhe. Der Biochemiker Tim Hunt hatte eine rechte Freude beim Fototermin, posierte, fotografierte den Fotografen und machte auch noch einen Luftsprung. Und der Physiker Carlo Rubbia kam beim vierten Termin mit dem Fotografen mit einer Darstellung der wirklich wichtigen Dinge des Lebens: Rubbia beim Eierspeiskochen mit Atomen.

Foto: Volker Steger (www.stegerphoto.com)

Nobelpreisträger sind es ja gewöhnt, interviewt und fotografiert zu werden. Das gehört zum Alltag der wissenschaftlichen Prominenz. Wenn sie aber ein Fotograf ohne Vorwarnung bittet, schnell jene Forschungsarbeit, für die sie den Preis erhalten haben, zu zeichnen, ehe er sie mit ihrer Skizze in Händen porträtiert, werden sie zumindest überrascht sein.

Die meisten Laureaten reagierten auf das Ansinnen des deutschen Fotografen Volker Steger freundlich, manche waren amüsiert, vielleicht sogar erfreut, ihre Kreativität einmal ganz anders zeigen zu können.

Nur wenige wollten diese Fotosession gar nicht über sich ergehen lassen. Die israelische Strukturbiologin Ada Yonath, Chemie-Nobelpreisträgerin von 2009, wehrte sich und bot zwei Karikaturen von sich an: Ein Mädchen als Ribosom verkleidet und ein Mann, der als Ada Yonath zum Fasching geht. Der Genetiker Martin Evans, 2007 für die Arbeit an der Knockout-Maus mit dem Medizinpreis ausgezeichnet, hatte mit Zeichnungen kein Problem. Er ließ sich sogar zweimal zum Termin bitten. Dabei stellte er zunächst seine Arbeit mit Stammzellen und später eine Cartoon-Maus dar, die der Mickymaus nicht ganz unähnlich war.

Die so entstandenen Porträts zeigen die Wissenschafter, wie sie sind: Manche wirken fröhlich, ausgelassen, manche selbstverliebt, einige unsicher. Insgesamt 50 dieser Bilder sind ab 7. Juni in der Ausstellung Sketches of Science: Meetings with Nobel Laureates im Nobel-Museum in Stockholm zu sehen (bis 9. September). Das Haus im touristischen Zentrum Stockholms, Gamla Stan (Altstadt), sucht immer wieder neue Darstellungsformen von Wissenschaft.

Die Fotos entstanden vor allem während der Nobelpreisträgertreffen in Lindau am Bodensee. Da arbeitete Steger, wie er dem STANDARD erzählt, in der Nähe der Rettungsleute, die bei derlei Großereignissen präsent sein müssen. Doch wegen der Fotosessions wurde natürlich niemandem übel.

Grantige Nobelpreisträgerin

Steger erinnert sich an die Biologin Christiane Nüsslein-Volhard, die 1995 den Medizin-Nobelpreis erhielt. Sie reagierte auf seinen Wunsch zu zeichnen grantig, wie der Fotograf in Kurztexten zu den Bildern schreibt, und meinte: "Es wird wohl schneller gehen, zu tun, was sie wollen, als sie loszuwerden." Danach besserte sich ihre Laune, und sie lieferte eine perfekte Interpretation ihrer Nobelpreisarbeit zur genetischen Kontrolle der frühen Embryonalentwicklung. Steger: "Mich hat nicht überrascht, dass sie ihre Bücher selbst illustriert."

Der Astrophysiker George Smoot, Preisträger im Jahr 2006, zeichnete das Universum und wollte es wie Atlas auf den Schultern tragen. "Aber Papier hat nicht das notwendige Gewicht", sagt Steger. So deutete Smoot bloß auf das Zentrum der Zeichnung, dorthin, wo für ihn der Beobachter von Naturereignissen steht, und grinste. Die Ausstellung wird wie andere Nobel-Ausstellungen zuvor auf Wanderschaft gehen. Eine Station in Österreich ist nicht geplant. (Peter Illetschko aus Stockholm, DER STANDARD, 16.5.2012)