Am 11. Mai 2012 stimmte der deutsche Bundesrat der Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte zu. Diese Änderung führt dazu, dass angehende Ärzte bereits im Studium Diagnostik, Therapie und Prävention chronischer Schmerzen lernen.

"Für Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen ist es ein Meilenstein, dass die Schmerzmedizin endlich zum Pflichtfach im Medizinstudium wird", erklärt Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V.. "Die Schmerzmedizin ist nunmehr Querschnittsfach im Medizinstudium, gehört also damit zu den Pflichtfächern, die im Staatsexamen geprüft werden."

Diesem ersten Schritt müsse jedoch ein zweiter folgen. "Wir brauchen nicht nur eine bessere Ausbildung aller Ärzte in Schmerzmedizin, sondern den Facharzt für Schmerzmedizin, der für die Behandlung der komplexen Probleme von Menschen mit chronischer Schmerzkrankheit qualifiziert ist."

Verhängnisvolle Chronifizierung von Schmerzen

Seit ihrer Gründung im Jahr 1984 setzt sich die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie für eine bessere Ausbildung der Ärzte auf dem Gebiet der Schmerzmedizin ein. Müller-Schwefe: "Alleine Rückenschmerzen belasten die Sozialsysteme jährlich mit 48,5 Milliarden Euro."

Zwar seien die Forderungen der Schmerzmediziner zumeist auf Verständnis gestoßen, berichtet der DGS-Präsident rückblickend, doch politisch blieben die Einsichten bislang folgenlos: "Die modernen Konzepte der Schmerzmedizin waren zwar vorhanden, aber dies änderte nichts daran, dass betroffene Patienten zumeist Ärzten gegenüber standen, die nie gelernt hatten, chronische Schmerzen zu diagnostizieren und zu behandeln, geschweige denn, der verhängnisvollen Chronifizierung von Schmerzen vorzubeugen."

Schmerzmedizin in das Gesundheitssystem integrieren

Die neue Approbationsordnung, die unter Deutschlands Gesundheitsminister Christian Bahr auf den Weg gebracht wurde, soll dies nun ändern: Angehende Ärzte, die sich am Ende ihres Studiums zum zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfung anmelden, müssen ab Oktober 2016 mit einem Leistungsnachweis belegen, dass sie Vorlesungen und Kurse in Schmerzmedizin besucht haben.

Für Müller-Schwefe ist dies ein erster wichtiger Schritt, dem allerdings ein weiterer schnellstmöglich folgen muss. "Es gilt nun, die Schmerzmedizin in das Gesundheitssystem sowie in die Versorgungsstrukturen und in die Bedarfsplanung zu integrieren. Nur so können wir eine adäquate Versorgung der schätzungsweise 15 Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen gewährleisten, von denen fünf bis sechs Millionen besonders schwer betroffen sind, weil sich ihr Schmerz verselbstständigt hat und zur chronischen Schmerzkrankheit geworden ist."

Dazu sei es zwingend erforderlich, die Schmerzmedizin als eigenständiges und gleichwertiges Fach mit entsprechenden Lehr- und Weiterbildungsinhalten an den Universitäten auf allen Ebenen der medizinischen Lehre und Forschung zu etablieren. (red, derStandard.at, 15.5.2012)