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Eine kleine Rauchpause können Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker (re.) und sein wahrscheinlicher Nachfolger, der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, derzeit ganz gut brauchen.

Foto: Reuters/Kacper Pempel

Die politische Lähmung in Griechenland lässt die Eurominister zögern: Sie pochen auf Einhaltung der Verträge, vermeiden aber vorschnelle Handlungen. Die Märkte verstärken indes den Druck auf die Währung.

 

Es werde zur Lage in Griechenland "eine Erklärung, aber keine Beschlüsse geben", die in irgendeiner Weise als Festlegung für den weiteren Umgang mit den Hilfszahlungen an Athen interpretiert werden könnten. So lautete am Montag die Devise, als die Finanzminister der Eurozone in Brüssel zusammenkamen, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Geradezu als Unwort des Tages galt der Begriff "Euro-Austritt". Ein solcher müsse als reale Möglichkeit in Betracht gezogen werden, wenn die Griechen Verpflichtungen gegenüber den Geldgebern aus EU und Internationalem Währungsfonds nicht mehr einhalten, hatten mehrere Bankexperten zuvor erklärt. Die Eurozone würde das aushalten.

Regierungen wollen davon vorerst aber - offiziell - nichts wissen. Die EU-Kommission stellte fest, dass sie einen Austritt Athens aus der Eurozone nicht unterstütze. Ein Verbleib sei noch immer "die beste Lösung" für das Land, die Griechen und Europa als Ganzes, so eine Sprecherin. Belgiens Finanzminister Didier Reynders meinte, es wäre " eine Katastrophe, aus der Eurozone rauszugehen". Seine Kollegin Maria Fekter erinnerte daran, dass man nur aus der EU, nicht aber aus dem Euro allein austreten könne.

Die Vorsicht hatte triftige Gründe, die - wieder einmal - in der Reaktion der Finanzmärkte nach dem Scheitern der Bildung einer tragfähigen Regierung in Athen zu finden waren: Der Euro sank auf ein Vier-Monats-Tief unter das Kursverhältnis von 1,29 zum US-Dollar. Gleichzeitig stiegen die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen wieder deutlich. Referenzpapiere mit einer Laufzeit von zehn Jahren wurden deutlich über die Sechs-Prozent-Hürde gedrückt. 6,3 Prozent musste Madrid zuletzt im November 2011 an Investoren zahlen.

Aus Italien erreichten die Finanzminister Meldungen von einem Rekord der Staatsschulden auf 1,948 Billionen Euro im März. Auch die Randzonen des Euroraumes, Polen mit dem Zloty und Ungarn mit dem Forint, waren betroffen. Experten sehen Fluchttendenzen aus riskanten Anlagen.

Umgekehrt gibt es eine Hinwendung zu vermeintlich sicheren Anlagehäfen. Die Zinsen für deutsche Zehn-Jahres-Anleihen fielen auf den Tiefstand von 1,477 Prozent, ebenso in Österreich, das auf Staatsanleihen Montag erstmals weniger als 2,5 Prozent Zinsen zahlen musste.

Was auf den ersten Blick als Glück der einen, Pech der anderen erscheint, bereitete den Euroministern freilich das meiste Kopfzerbrechen: Eine solche Entwicklung lässt sich - jenseits der Probleme mit den Griechen - als Indiz für das weitere Auseinanderdriften der Eurostaaten untereinander interpretieren. Wäre Griechenland "draußen" , so würden sich die Märkte als Nächstes vermutlich ein anderes Euroland vorknöpfen.

Wie man dieser Tendenz entgegentreten kann, das wird Hauptthema beim ersten Treffen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel mit Frankreichs neuem Präsidenten François Hollande in Berlin sein. Dabei soll es auch um die Frage gehen, wer dem scheidenden Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, nachfolgen wird.

Finale bei Bankregulierung

Der Favorit auf dieses Amt, der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, sprach sich in Brüssel Montag für Kontinuität bei den Eurohilfsprogrammen aus. "Es gibt keinen leichten Weg für Griechenland", sagte er. Zusätzliche Hilfen - "Großzügigkeit" - schloss er aber auch nicht aus.

Bei den Verhandlungen um schärfere Richtlinien und bessere Kontrolle der Kapitalausstattung von Europas Banken (Basel III) zeichnet sich ein wichtiger Durchbruch ab. Die EU-Finanzminister werden heute, Dienstag, ihre Position festlegen, mit der sie in die Endverhandlungen mit dem Europäischen Parlament gehen werden. Dieses hat volles Mitentscheidungsrecht. Es soll im Sinne einer europäischen Lösung anstatt eines Flickwerks in den Nationalstaaten auch voll genutzt werden, sagte der Ausschussberichterstatter, EU-Abgeordneter Othmar Karas. Am Abend legte der Ausschuss - ungewöhnlich in einer Allparteieneinigung, um gegenüber den Regierungen stärker zu sein - seine Position fest: Demnach müssen Investment- und Geschäftsbanken mehr getrennt und gleichberechtigt sein, was das Risiko betrifft. Genossenschaftsbanken sollen nicht benachteiligt werden. Die Boni von Managern wollen die Parlamentarier streng begrenzen. Der größte Konflikt zwischen Regierungen und Parlament dürfte werden, inwieweit Nationalstaaten eigene "Kapitalpuffer" für die auf ihrem Gebiet tätigen Banken verhängen dürfen. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 15.5.2012)