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Wolfgang Schäuble: "Lieber kompliziert voran als einfach zurück."

Foto: dapd/Clemens Bilan

Berlin - Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat eine Änderung des EU-Fiskalpakts über strengere Haushaltsregeln erneut abgelehnt. "Wir können nicht nach Wahlen sagen, dass wir abgeschlossene Verträge verändern", sagte er zu Änderungsforderungen des neuen französischen Präsidenten François Hollande. "Wie soll man einen Vertrag, den man mit 27 Unterschriften abgeschlossen hat, verändern? Präsident Hollande weiß, dass das eigentlich nicht geht." Seine Maxime sei, "lieber kompliziert voran als einfach zurück".

Hollande kommt nach seiner Vereidigung am Dienstag zu seinem Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Deutschland. Beim dem Treffen soll es noch keine konkreten Beschlüsse geben. Die deutsche Bundesregierung war bemüht, die Erwartungen zu dämpfen. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von einer "ersten ausführlichen Gelegenheit, einander kennenzulernen". Dies sei kein "Gipfel der Entscheidungen, sondern ein erstes Kennenlern-Treffen".

Schäuble äußerte sich auch sehr besorgt über die Lage des von der Pleite bedrohten Griechenland, in dem sich auch eine Woche nach der Parlamentswahl keine Koalition abzeichnet, die den mit der EU vereinbarten Sparkurs stützt. Das führe auch zu einer hochnervösen Situation in der Euro-Zone. Griechenland sei in einer furchtbar schwierigen Lage, sagte er. "Die Griechen müssen wettbewerbsfähig werden, das geht nicht ohne Schmerzen." Die normalen Leute treffe es natürlich am härtesten.

SPD zeigt Selbstbewusstsein

Unterdessen wollen die deutschen Sozialdemokraten nach der für Rot-Grün erfolgreichen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen auch im Ringen um den EU-Fiskalpakt Selbstbewusstsein zeigen. Aus dem linken Parteiflügel wurden am Montag Forderungen laut, den Fiskalpakt abzulehnen, wenn er nicht durch eine Besteuerung der Finanzmärkte sowie ein Wachstums- und Investitionspaket ergänzt werde.

Die SPD-Troika der drei Anwärter auf die Kanzlerkandidatur will am Dienstagmorgen bei einem ihrer seltenen gemeinsamen Auftritte die Bedingungen der SPD für eine Zustimmung zum Fiskalpakt darlegen. Während Vertreter der Parteilinken eine "Neuverhandlung" des Paktes zur Schuldenbegrenzung gefordert haben, will die SPD-Führung den Pakt lediglich ergänzen. Sie sieht sich dabei im Gleichklang mit dem künftigen französischen Präsidenten Hollande.

Die SPD-Troika aus Parteichef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück will mit ihrem Auftritt vor der Bundespressekonferenz nach Angaben aus der Partei vor dem Beginn der Verhandlungen mit der Bundesregierung die SPD-Position unterstreichen. Die SPD werde Merkel daran erinnern, dass auch Deutschland aus der Krise 2008 und 2009 nicht allein durch Sparen, sondern durch Wachstumsimpulse herausgekommen sei. Die Sozialdemokraten fordern als Ergänzung zum Fiskalpakt eine Besteuerung der Finanzmärkte, eine Erhöhung des Grundkapitals der Europäischen Investitionsbank (EIB), eine erleichterte Vergabe nicht abgerufener Mittel aus dem EU-Strukturfonds sowie ein Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa.

Die Bundesregierung benötigt für die Verabschiedung des Fiskalpakts in Bundestag und Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit und daher auch Stimmen der SPD. Die schwarz-gelbe Koalition hält an ihrem Terminplan fest, den Fiskalpakt und den langfristigen Euro-Rettungsschirm ESM am 25. Mai im Bundestag zu verabschieden. Die SPD hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie den Termin für unrealistisch hält, da die Regierung bisher noch nicht zu Verhandlungen auf die Opposition zugekommen sei. (APA/Reuters, 14.5.2012)