Blick auf den jungen Sternhaufen NGC 3603: In seinem dichten Kern werden Doppelsterne in ihre Komponenten aufgespalten.

Foto: NASA/STScI, Hubble Heritage

Bonn - Sterne, die ihre Bahn alleine ziehen, sind zumindest in der Milchstraße in der Minderheit: Sie machen Berechnungen von Astronomen zufolge etwa ein Drittel der gesamten Sternenpopulation aus, der Rest ist in Doppel- oder sogar Mehrfachsternsystemen gebunden. Bonner Astronomen berichten in der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics" davon, wie es zu diesen unterschiedlichen Ausprägungen kommen kann.

"Sterne entstehen im Allgemeinen nicht isoliert im Weltraum, sondern werden zeitgleich in Sternhaufen zusammen mit anderen Sternen geboren", erklärt Pavel Kroupa vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn. "Diese Sternen-Kreißsäle produzieren Doppelsterne - das heißt so gut wie jeder neu entstehende Stern hat einen Partner zum Zeitpunkt seiner Geburt." 

Dichte bestimmt Wahrscheinlichkeit der Trennung

Wenn sich Doppelsterne durch diese Kreißsäle bewegen, interagieren sie durch die Massenanziehung aber mit weiteren Sternen. "Dadurch kann ein Doppelstern aufgespalten werden, dann bleiben zwei Einzelsterne zurück - ganz ähnlich wie ein Tanzpaar getrennt werden kann, nachdem es mit anderen Tänzern in einem überfüllten Ballsaal zusammengestoßen ist", veranschaulicht Michael Marks die Situation. Aus diesem Grund verringert sich der Anteil der Doppelsterne in einem Sternhaufen mit der Zeit.

Die kosmischen Kreißsäle sind unterschiedlich dicht gefüllt. Wenn mehr Doppelsterne in einer bestimmten Region entstehen, kommt es zu häufigeren Begegnungen. Dies führt zu mehr Wechselwirkung zwischen den Doppelsternen, und diese können in Einzelsterne aufgebrochen werden, falls die Begegnung stark genug ist. "Wie die resultierende Einzel- und Doppelsternbevölkerung in einem Sternhaufen aussieht, ist also durch die anfängliche Dichte eindeutig vorgeschrieben", erklärt Kroupa.

Viele Geburten auf engem Raum

"Obwohl Sternhaufen unterschiedlich schwer sind, zeigen die Ergebnisse, dass sie alle in etwa die gleiche Ausdehnung bei ihrer Geburt hatten", weist Kroupa auf überraschende Ergebnisse einer Untersuchung unterschiedlicher Himmelsregionen hin. Dies deutet darauf hin, dass alle Sternhaufen unabhängig von ihrer Masse auf eine sehr ähnliche Art und Weise entstanden sind und sich erst danach unterschiedlich weiterentwickelten. Nach den Ergebnissen der Bonner Astrophysiker sind die Geburtsstätten der Sternhaufen sehr klein, mit einer Ausdehnung von nur ungefähr einem Lichtjahr.

"Zum ersten Mal konnten wir berechnen, dass in einem Raum von nur einem Kubik-Lichtjahr zwischen eine Million und zehn Millionen Sterne entstehen können", sagt Marks. (red, derStandard.at, 13.5.2012)