"Sunrise" von Michael Köhlmeier: ein Raodmovie mit gefährlichen Stationen.

Foto: Patrick Connor Klopf

Vorstellungen in der Neuen Bühne Villach waren bisher nichts für Klaustrophobiker, jedoch wie gemacht für ein Publikum, das so richtig in ein Theaterstück eintauchen wollte. Die große Nähe des Publikums zum Schauspiel war aber auch bei der Premiere von Sunrise von Michael Köhlmeier im Stadtkino Villach gegeben. Der Kinosaal 1 soll, wenn es nach den Wünschen der Kulturtreibenden in der Draustadt geht, zur neuen Mittelbühne avancieren.

Regisseur Anselm Lipgens nutzte bei seiner Inszenierung von "Sunrise" geschickt die Kinoleinwand, doppelte diese durch Paravents und verbreitete so ab Minute eins das Flair eines amerikanischen Roadmovies. Zwei Tramper verkürzen sich das Warten auf die Mitfahrt mit Geschichtenerzählen. In einer weiteren Handlungsebene wird dann die Story vom gewitzten Sensenmann erzählt, der sich in Los Angeles zwischen zwei Todeskandidaten entscheiden soll. Den Todgeweihten, Leo und Rita, bleibt eine Stunde Zeit, um zu erklären, warum sie nicht das Zeitliche segnen wollen.

Während Leo endlich der Kleinkariertheit seines Elternhauses entfliehen will, erzählt Rita Luna von Aids, Gewalt und ihrem Leben im Rotlicht. Was als unterhaltsame Musiktheaterinszenierung angekündigt wurde, regt weniger zum Lachen denn zum Nachdenken an. Der wilde Genremix aus amerikanischem New-Age-Drama, Slapstick und Revuetheater vermag trotz engagierten Schauspiels nicht wirklich zu berühren. Innovativer Sprechgesang über Jazzmusik von Fritz Rainer, live auf der Bühne gespielt, schafft Atmosphäre und kommentiert musikalisch das Geschehen. (szg, DER STANDARD, 12./13.5.2012)