Berlin/Zürich - Auch wenn man sich in Chats ebenso wie in Foren eines Nicks bedienen kann, ähnelt das Verhalten im Chat eher herkömmlichen Formen der zwischenmenschlichen Kommunikation. Anonymisiertes Auftreten führe hier nicht zu hemmungslosen Pöbeleien - ganz im Gegenteil: Die meisten Nutzer geben sich positiv, manchmal neutral und selten negativ, berichten Forscher um Frank Schweitzer von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich nach einer Untersuchung von Diskussionsräumen des IRC-Netzwerks EFnet. Auch in Chat-Rooms halten sich Menschen weitgehend an soziale Normen, schlossen daraus die Wissenschafter.

Für ihre Untersuchung werteten die Wissenschafter insgesamt 2,5 Millionen Nachrichten in Internet-Chats von mehr als 20.000 unterschiedlichen Nutzern aus. Über einen Zeitraum von 42 Tagen sammelten die Forscher Einträge aus Diskussionen über Themen wie Musik, Sport, Wirtschaft oder Politik.

Chats sind nicht gleich Foren

"Unsere Ergebnisse unterscheiden sich von vorhergegangenen Beobachtungen von emotionaler Kommunikation in Blogeinträgen und Kommentaren in Foren, die eine klare Tendenz zu negativen Äußerungen identifizierten", sagen die Forscher. Der Unterschied könne in der Art der Kommunikation liegen, vermuteten sie. Schließlich unterscheide sich eine Unterhaltung in Chats von zeitverzögerten Kommentaren in Blogs und Foren. Außerdem besuchten viele Nutzer die Chats immer wieder und hielten sich deshalb an die üblichen Gepflogenheiten (ersteres ist unserer Beobachtung nach auch in unseren Foren der Fall, führt aber nicht notwendigerweise zum selben Ergebnis).

Bei ihrer Untersuchung fanden die Forscher heraus, dass die Nutzer in ihren Chat-Nachrichten emotional sehr beständig sind. Nur eine Minderheit der Nutzer schwankt selten zwischen verschiedenen Gefühlslagen und konstante "Stänkerer" kommen kaum vor (wiederum ein Gegensatz zur Erfahrung mit den Foren). Selbst bei Reaktionen auf negative Äußerungen verhielt sich die Mehrheit in Chats positiv. (APA/red, derStandard.at, 11.5.2012)