Mohamed, 15 Jahre, arbeitet für 13 Euro am Tag in einem israelischen Landwirtschaftsbetrieb.

Foto: Andreas Hackl

Die palästinensischen Arbeiter am Heimweg von der Arbeit.

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Blick aus dem Dorf Fasa'il. Der Boden im Jordantal ist extrem trocken, das Wasser kostbar.

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Zwei Fußballfelder in Fasa'il, eines auf der palästinensischen Seite und ein begrüntes in der Siedlung gegenüber.

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Im Jordantal machen Firmen Geld aus Armut: Palästinensische Kinder und Jugendliche arbeiten für rund 13 Euro am Tag in israelischen Landwirtschaftsbetrieben, ohne Rechte und ohne Versicherung.

"Jeden Tag arbeite ich von 6 Uhr morgens bis 1 Uhr nachmittags auf der Farm. Die Arbeit ist hart, aber es gibt hier keine anderen Jobs", sagt der 15-jährige Mohamed aus dem palästinensischen Dorf Fasa'il im Jordantal. Für den Landwirtschaftbetrieb der Siedlung Tomer, die nach internationalem Recht illegal ist, da sie auf besetztem palästinensischem Gebiet liegt, pflückt er für knapp 300 Euro im Monat Paprika und anderes Gemüse. Und das jeden Tag bis auf eine dreimonatige Sommerpause.

"Eigentlich würde ich gerne eine Ausbildung zum Automechaniker machen. Aber das geht nicht", sagt er während des Gesprächs im Haus seiner Familie. Das Haus ist so gut wie ohne Einrichtung, nur ein Fernseher ziert das Wohnzimmer. Doch selbst der steht auf einer jener gebrauchten Kisten, in denen die Firmen das gepflückte Gemüse exportieren.

Mohameds Vater Khalid meint, dass er seinen Sohn nicht ins nahe gelegene Jericho schicken kann, um dort eine Ausbildung zu machen. "Ich verdiene als Angestellter in einer Schule 350 Euro. Nur mit Mohameds Einkommen schaffen wir es, über die Runden zu kommen", sagt er.

Das besetzte Jordantal

87 Prozent des Jordantals stehen unter vollständiger israelischer Kontrolle und sind damit Teil der Zone C, die 60 Prozent des Westjordanlandes einnimmt. In dieser Zone liegen auch alle israelischen Siedlungen, was sich oft negativ auf die Bewegungsfreiheit und die Wirtschaft der palästinensischen Bevölkerung auswirkt. So auch im Jordantal.

"Die palästinensischen Bauern und Händler im Jordantal schaffen es kaum, ihre Produkte zu verkaufen, weil ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist und sie immer weniger Land und Wasser zur Verfügung haben", erklärt Isra Muzaffar, die Leiterin des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) im zentralen Westjordanland.

Dutzende Kontrollpunkte und militärische Sperrzonen erschweren hier das Leben und den Transport. Viele Viehzüchter haben keinen Zugang zu Weideboden und das Wasser ist extrem ungleich verteilt. Während die meisten Viehzüchter pro Kopf nur 20 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung haben, liegt der durchschnittliche Wasserverbrauch in den Siedlungen bei 300 Litern pro Kopf.

Keine Alternative

Armut und ein Mangel an Alternativen treiben Palästinenser im Jordantal in die Lohnabhängigkeit der Siedlungen, die im Auftrag von israelischen und internationalen Firmen großen Gewinn machen. Eigentlich wären israelische Firmen auch dann an das nationale Arbeitsrecht gebunden, wenn sie in den besetzten Palästinensischen Gebieten produzieren, meint Dror Etkes, ein israelischer Experte für rechtliche Angelegenheiten rund um Siedlungsfragen. Doch die Realität sieht anders aus.

"Ich habe Angst, dass mein Sohn einmal einen Unfall hat. Versichert ist er nicht", sagt Liga, eine Beduinenfrau und Mutter eines 15-Jährigen, der auch Mohamed heißt und in Tomer arbeitet.

Doch auch die Familienstrukturen machen den Söhnen das Leben schwer. Ligas Ehemann ist über 70 und noch dazu mit zwei weiteren Frauen verheiratet. Weil der Vater nicht mehr arbeiten kann, muss Mohamed auch noch die Kinder, die sein Vater mit den anderen Frauen hat, ernähren.

Am Weg vor Ligas Haus geht es eine trockene Schotterstraße entlang in Richtung Siedlung, wo naturgemäß eine gut ausgebaute Asphaltstraße beginnt. Ein Traktor nach dem anderen fährt aus der Siedlung heraus, beladen mit palästinensischen Arbeitern und Kisten voll mit Gemüse.

Einer der Jungs, die auf der Ladefläche eines Traktors stehen, ist ebenfalls erst 15. Er sagt, dass er schon seit drei Jahren auf der Farm arbeitet. Wo es sonst keine Einkommensquellen gibt, sorgt Kinderarbeit für familiären Wirtschaftsaufschwung.

"Es gibt so wenige Beschäftigungsmöglichkeiten im Jordantal, dass Palästinenser die Wahl haben, entweder daheim zu bleiben oder in einer Siedlung zu arbeiten, um so wenigstens ihre Familie ernähren zu können", sagt Christopher Whitman vom palästinensischen Ma'an Development Center.