Falsche Fassade mit künstlichem Himmelsrand: Baustelle des Palais Ludwig Ferdinand II, München.

Foto: Fine Art Print, Haubitz+Zoche, VG Bild Kunst

Linz - Zunehmend werden in Renovierung befindliche städtische Häuser mit den Planen ihrer zukünftig neuen Fassaden verhängt, Monate bevor sich das Bild in Realität verwandelt. Eine Praxis der Behübschung, die noch keine lange Geschichte hat, die aber etwa Venedig-Besucher gut kennen, wenn sich - vom Wasser aus betrachtet - der eine oder andere alte Palazzo mit fotografischer Fassade auftut oder an seiner Stelle riesenhafte Models Werbung für Mode oder Uhren machen, während, dahinter verdeckt, gestemmt und gemauert wird.

Stadtmarketing verlangt danach, ein permanent schickes, ordentliches Bild zu präsentieren, und Werbefirmen greifen diese Begehrlichkeit nur allzu gerne auf, ermöglichen so teilweise im Gegengeschäft maroden Kommunen diese Renovierungsarbeiten erst. Ein gutes Geschäft also für Gemeinden und Werbeindustrie, das den urbanen Raum und sein Erscheinungsbild allerdings einschneidend verändert. Scheinrealitäten, Trompe-L'OEils werden da im Stadtraum geschaffen, wenn etwa ein Stück blauer Himmel gleich noch mitgeliefert wird.

Stefanie Haubitz und Stefanie Zoche, seit zehn Jahren immer wieder innerhalb von Themenausstellungen in der Landesgalerie vertreten, greifen in der Einzelausstellung Facelift das junge Phänomen auf, mit dem sie seit 2006 künstlerisch arbeiten. Sie zeigen Fotografien der großformatigen Planen und der sie umgebenden realen Häuserobjekte, wählen Ausschnitte, die die Grenzverschiebung zwischen Realität und Simulation noch einmal verstärken, schärfen so auch den Blick der Betrachter für eine differenzierte Wahrnehmung des städtischen Raums und seiner omnipräsenten Bilderflut.

Natürlich sei dieser fotografische Blick auch ein medienkritischer, so die beiden Künstlerinnen. Besonders deutlich wird dies, wenn etwa eine großformatige Plane gerafft über einem Haus am Potsdamer Platz in Berlin hängt und wirkt, als würde die Baustelle darunter gerade ihren Rock neckisch lüften. In dieser künstlerischen Auseinandersetzung wird deutlich, wie die Verhüllung des unschicken Stadtraums hier den Codes und den von der Werbeindustrie vorgegebenen Lesarten des Schönen und Freizügigen gegenübersteht.

Zusätzlich zu diesen fotografischen Arbeiten zeigen die beiden deutschen Künstlerinnen zusätzlich drei installative Arbeiten, die gleichzeitig wie Einblicke in Unfertiges und Spiegel auf Perfektes funktionieren. Aus handelsüblichen Baustoffen schaffen sie Kuben, die wie Häusern entnommene Teile im Wappensaal der Landesgalerie aufgestellt sind. Da diese auf einer Seite offen und somit betretbar sind, können sich Besucher entweder dahinter verstecken oder einen Blick "hinaus" in den Ausstellungsraum werfen, andererseits spiegeln sich sowohl Betrachter als auch Fotografien im getönten Sicherheitsglas.

Ein Verweis auch auf das stete Interesse der beiden Künstlerinnen an Modellen, Konstruktionen und Settings, die in ihrer Bearbeitung wie Gegen- oder Parallelwirklichkeiten funktionieren. Außerdem wurden Sabine Haubitz und Stefanie Zoche eingeladen, in der Landesgalerie-Reihe " Selected by" zu kuratieren, in der Künstler und Künstlerinnen sich durch die Bestände der Landesgalerie wühlen. Eine erfrischend aktuelle Schau ist da im Gotischen Zimmer zustande gekommen; vorwiegend sind erst kürzlich angekaufte Arbeiten zu sehen, die sich mit Stadtraum, Inszenierung und Bühne auseinandersetzen. Hier finden sich etwa Gregor Grafs Ansicht eines urbanen Straßenzugs, den er all seiner Schriftzüge, Plakate und Hinweisschilder beraubt hat, sowie Arbeiten von Anna Jermolaewa, Sabine Bitter und Helmut Weber. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 11.5.2012)